Archiv für die Kategorie 'Literatur'

Mrz 15 2017

Memoiren: Jürgens Jugendstreiche und Marthas Mundgeruch ungefragt verewigen?

Autor: . Abgelegt unter Kultur,Literatur

Wann darf ich eine Person ohne ihr Wissen in meinem Lebensrückblick erwähnen? Das ist eine häufige Frage, wenn jemand seine Erinnerungen verschriftlichen will. Es geht um das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und wie sich das mit der Meinungsfreiheit und der Freiheit der Kunst vereinbart. Dazu bat ich Marcus Remmele, Rechtsanwalt aus Stuttgart, um ein Interview. Er antwortete mit einem Essay:

♠ Wer sein Leben, seine Erlebnisse und Erfahrungen in persönlichen Memoiren festhält, spricht oft auch über andere Personen, die dabei eine wichtige Rolle spielen. Je nach dem was berichtet wird und gerade dann, wenn es nicht so positiv ist, kann sich die Frage stellen, ob es bei der Veröffentlichung zu Problemen und rechtlichen Auseinandersetzungen kommen kann. Wenn das passiert, können dabei Streitigkeiten mit ungewissem Ausgang und Schadensersatzforderungen, Gerichts- und Rechtsanwaltskosten drohen. Hier ein Überblick, welche Punkte in solchen Fällen eine Rolle spielen können.

Von Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst und dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht

Wenn einzelne Person in Geschichten, Berichten oder Kommentaren eine Rolle erkennbar werden, dies aber nicht wollen, stehen sich unterschiedliche Interessen gegenüber. Das betrifft ganz grundsätzliche Rechte der Beteiligten.

Nach dem Grundgesetz steht jedem zu, seine Meinung frei zu äußern und das auch in Texten festzuhalten. Journalisten können sich zudem auf die Pressefreiheit berufen. In Einzelfällen kann auch die Öffentlichkeit daran interessiert sein, Informationen zu erhalten, zum Beispiel bei politischen Ereignissen. Dementsprechend hat nach dem Grundgesetz auch jeder das Recht, sich aus frei zugänglichen Quellen zu informieren. Romane, Fantasiegeschichten, Karikaturen, Satire und ähnliches werden auch durch die Freiheit der Kunst ermöglicht.

Auf der anderen Seite steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht jedes einzelnen, mit dem jeder selbst entscheiden kann, ob und inwieweit er die Öffentlichkeit an seinem Leben teilhaben lassen möchte. Dieses Recht kann im Einzelfall auch wichtig werden, da je nach Information das Image und der Ruf einer Person nachhaltig beeinträchtigt und dauerhaft geschädigt werden können. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann verletzt sein, sobald Informationen über einen Betroffenen ohne dessen Einwilligung weitergegeben oder veröffentlicht werden. Als rechtliche Möglichkeiten gibt es dagegen zum Beispiel Unterlassungsansprüche, um eine (weitere) Veröffentlichung zu verhindern oder Schadensersatzansprüche für eingetretene Schäden.

Rechtliche Beurteilung von Konflikten

Bei Konflikten wird quasi in einer Bestandsaufnahme abgewogen, wer sich auf welche Rechte berufen kann und welche Interessen im Einzelfall stärker sind und sich durchsetzen. Bei Äußerungen über andere Personen spielt dabei die Unterscheidung zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen eine zentrale Rolle.

Meinungen beinhalten ein persönliches Werturteil, dem man sich entweder anschließen oder es eben anders sehen kann. Da das Recht auf freie Meinungsäußerung ein wichtiges Grundrecht ist, ist es auch entsprechend weit gefasst. Zulässig sind deshalb Äußerungen völlig unabhängig davon, ob sie von anderen als nützlich, wertlos oder überflüssig eingestuft werden. So ist es grundsätzlich zulässig, das Verhalten anderer Personen zu kritisieren und dabei auch „deutliche Worte“ oder einen „schärferen Tonfall“ zu benutzen. Die Grenze dabei ist erreicht und wird überschritten, wenn nicht mehr eine sachliche Auseinandersetzung im Vordergrund steht, sondern es darum geht, andere öffentlich herabzuwürdigen oder zu beleidigen, was regelmäßig der Fall ist, wenn andere mit Schimpfwörtern angegangen werden.

Tatsachenbehauptungen sind dagegen Äußerungen, die objektiv nachprüfbar sind. Weil die Behauptung von Tatsachen stärker wirken können als subjektiv geprägte Meinungen, gibt es dazu auch engere Grenzen. Können Äußerungen das Ansehen von Personen beeinträchtigen, kann das als üble Nachrede strafbar sein, wenn die Richtigkeit von behaupteten Tatsachen im Zweifelsfall nicht nachgewiesen werden kann, bei der absichtlichen Verbreitung falscher Tatsachen als Verleumdung. Wenn Informationen über eine Person zwar zutreffen, kann der Betroffene dennoch ein berechtigtes Interesse daran haben, dass diese nicht öffentlich werden.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht sichert jedem einzelnen einen Bereich zu, in dem private und intime Informationen geheim bleiben sollen. So muss es jemand beispielsweise nicht hinnehmen, dass eine Krankheit, an der er leidet, offenbart wird oder dass Details aus seinem Liebesleben bekannt werden. Anders kann das sein, wenn an diesen Informationen ein Interesse der Öffentlichkeit bestehen kann, so etwa, wenn eine Person in einer exponierten Stellung Verantwortung hat und sich die Frage stellt, ob sie dieser mit einer eingetretenen schweren Krankheit noch gerecht werden kann oder wenn Verbindungen zwischen Personen politische oder gesellschaftliche Bedeutung haben könnten. Es spielt auch eine Rolle, ob sich jemand freiwillig in den Fokus der Öffentlichkeit begeben hat. Ein bekannter Politiker muss zum Beispiel mehr „hinnehmen“ als eine Person, die weniger oder gar nicht in der Öffentlichkeit steht oder stand. Das gleiche kann der Fall sein, wenn Personen den Kontakt zu den Medien bewusst suchen.

Der Schutz der Persönlichkeit des Einzelnen endet auch nicht mit dem Tod. Auch nach dem Tod hat jede Person noch einen Anspruch auf Achtung. Dabei geht es in erster Linie darum, dass Darstellungen oder Berichte die Ehre und Würde des Verstorbenen nicht verletzen. Negative Informationen können das natürlich eher bewirken als positive. Entscheidend ist der Aussagegehalt der Informationen sozusagen im „Gesamtpaket“. Je nach Zielrichtung oder Schwerpunkten kann ein Eindruck über eine Person bei einem Leser entstehen oder auch bewusst erreicht werden.

Im Einzelfall können Nuancen entscheiden über die Rechtslage und den Ausgang eines möglichen Rechtsstreites. Verlässliche Prognosen lassen sich in vielen Fällen nicht aufstellen. Eine Richtschnur kann sein, dass im Zweifel eher Meinungen, also zum Beispiel persönliche Eindrücke und Bewertungen geäußert werden sollten als bloße Tatsachen zu behaupten, da hierfür der geschützte Bereich weiter ist. Im Idealfall willigen Betroffene einer Veröffentlichung ein. Um mögliche Konflikte zu vermeiden, empfiehlt sich ggf. vorab die Klärung rechtlicher Fragen und die Einschätzung von Risiken. ♠

Herzlichen Dank an Marcus Remmele!

Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Marken-, Design- und Urheberrecht und wirtschaftsrechtlichen und medienrechtlichen Fragen. www.ra-remmele.de / www.facebook.com/raremmele

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Dez 11 2016

Postfaktisch / MEZIS / Kurse 2017

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik,Alltag,Literatur

Für dieses Jahr ist der letzte Kurs gehalten – neue Termine 2017 siehe unten. Damit ist zwar rein faktisch die Luft etwas raus, wenn auch postfaktisch die Ideen sprießen (ja sogar „wuchern“), weil viele Impulse mich erreicht und bereichert haben. Allein: die Zeit drängt, das Jahr zu Ende zu bringen. Mit manchem Kopfschütteln zwar, worüber ich mich hier eigentlich ausschütten möchte, was aber wiederum aus Zeitnot unterbleibt. Nur mit LINKs kann ich „wuchern“, immer in der Hoffnung, dass meinen LeserInnen die Zeit reicht, diese aufzurufen.

Zum Auftakt einer zum Wort des Jahres > postfaktisch. Hier kann man sich über diverse Ansichten und Erklärungen dazu informieren: https://www.perlentaucher.de/9punkt/2016-12-10.html?nle_id=6916 Und weil es im letzten Posting um Bettelbriefe und Unterstützungswürdiges ging: Ja, den „Perlentaucher“ kann man unterstützen, er leistet nützliche Arbeit, ich lasse mich darüber via Newsletter informieren.

Sehr nützlich ist auch die Arbeit von MEZIS. Das ist die Abkürzung für „Mein Essen zahl‘ ich selbst“, ein Zusammenschluss unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte, von deren Aktivität ich in diesem Blog schon berichtete. Nun hat MEZIS zum Thema „Leben – Eine Kostenfrage?!“ getagt und ein Manifest für bezahlbare Medikamente und eine bedarfsgerechte Arzneimittelforschung beschlossen, hier nachzulesen: https://www.mezis.de/

EIN Kopfschütteln möchte ich aber doch ausbreiten: als ich Mitte November bei einem Facharzt anrief und um einen Termin fürs Frühjahr bat, erhielt ich zunächst die Antwort: „Wir sind 2017 aber schon ausgebucht.“ Wenn ich schlapp gewesen und schockiert geschwiegen hätte, wäre ich also leer ausgegangen. Das scheint so zu sein wie bei Betrieben, die die festen Wartungstermine ihrer Stamm-Kundschaft im Kalender stehen haben und darüber hinaus eigentlich Kundenabwehr betreiben. Womöglich, um auf Notfälle reagieren zu können? Nein, sagte mir ein anderer Facharzt: Wenn Sie akut was haben, müssen sie ins Krankenhaus. Dazu passt dann die Debatte um das Verhalten in den Notfallpraxen der Krankenhäuser – sowohl das der PatientInnen als auch das des diensthabenden Personals. Es ist überall schwer, die Spreu vom Weizen zu trennen, und genau hinsehen (differenzieren!) macht Mühe!

Kreativ Schreiben > KURSE 2017:

Aichwald: 11.3. (Sa); Kurs: 22.3. / 17.5. / 5.7.2017 (Mi)

Nördlingen: 25.3. / 6.5.2017 (Sa)

Ostfildern: 16.3. / 27.4. (Do)

Schorndorf: 8.3. / 29.3. / 10.5. / 31.5. / 28.6. (Mi)

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Okt 16 2016

Kabarett ist mehr als Witze zum Lachen & Vorsicht bei Mundart im Text / Herbsttermine

Autor: . Abgelegt unter Kultur,Literatur

Sissy Perlinger machte gerade Bühnenpause, als ich partout eine Kabarettveranstaltung als Geburtstagsgeschenk brauchte. Wer trat statt dessen in Reichweite auf? Wenn man mit einem Namen nichts verbindet, vermittelt evtl. Youtube Programmausschnitte. Und man soll ja Unbekannten auch eine Chance geben; jede/r hat mal klein angefangen.

Wir landeten bei einem Duo, das bereits seit mehreren Jahren Säle füllt. Einiges war auch ganz witzig. Es ist nicht so, dass wir nicht gelacht hätten. Aber manchmal sahen wir uns doch über den Brillenrand (die Stirn leicht gekräuselt) etwas ratlos an. Wir waren an rechtschaffene Comedians geraten. Kabarett ging anders!

Es gibt sehr gute Comedians. Olav Schubert zähle ich dazu. Oder ist er mehr Satiriker? Schon lange suche ich nach einer Definition, die die Unterschiede zwischen den „Spaßmachern“ und den Kabarett auf den Punkt bringt. Nun habe ich endlich aus dem Mund von Werner Schneyder in der Talkshow „3 nach 9“ eine schlüssige gehört: „Kabarettisten machen einen Witz, um etwas zu erhellen; sie nehmen das Lachen in Kauf, aber Verblüfftsein genügt. Comedians machen einen Witz, damit die Leute lachen.“ (14.10.2016) Schneyder, Jahrgang 1937, nennt sich übrigens einen “Universaldilettanten” und “hauptberuflichen Meinungsträger“.

Die Liste deutscher Comedians ist lang – siehe > http://www.comedy-shows-tickets.de/deutsche-comedians-liste-who-is-who Einige Namen – wie Dieter Nuhr und Urban Priol –  sind sowohl unter den Kabarettisten als auch unter den Comedians aufgeführt. Kann sein, dass diese Künstler nicht nur „erhellen“, sondern auch jene ansprechen, die lediglich ihre Lachmuskeln trainieren wollen. (Oder man nimmt es mit den Kategorien nicht allzu genau.)

Wer es schon mal versucht hat, weiß, dass es nicht einfach ist, witzig zu schreiben. Bei den Printmedien – man sieht ja weder Mimik noch Gestik – werden Glossen gelegentlich missverstanden. Bei Mundart-Texten erwartet man eher, dass etwas auf die Schippe genommen wird. Doch Mundart will gekonnt sein – schreiberisch gekonnt.

Apropos Mundart, Jargon und sonstige Färbungen. Sie sind gelegentlich sinnvoll, um Protagonisten authentisch auftreten zu lassen. Dazu empfehle ich eine Diskussion bei der „Textwache“ über „Slang, Modewörter und Jugendsprache – Wie umgangssprachlich sollte oder kann ein Text sein?“ >  http://www.textwache.de/textwache-diskutiert/oktober-2016/

Für die Herbstkurse „kreativ schreiben“ sind Anmeldungen möglich in

  • Ostfildern für den 8. & 29.11.2016 sowie in
  • Nördlingen für den 19.11. & 10.12.2016 (jeweils VHS)
  • Der Kurs ist Schorndorf ist schon gestartet und kann noch eine/n „Spätberufene/n“ aufnehmen beim 2. Teffen am 9.11. – Näheres unter > http://journalismus-und-mehr.com/lesehimmel.php

 

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Aug 11 2016

Flurfunk & Impulse von der Spülmaschine

Autor: . Abgelegt unter Literatur,Sonstiges

„Wenn ich nochmal jung wär …“ Das ist das Titelthema der ZEIT diese Woche. Ich kenne nur die Vorschau, in der es heißt: „Ich sehe was, was du nicht siehst – 25 Prominente erzählen von ihren späten Einsichten, die für Jüngere heute hilfreich sein können.“ Herrje, wieder so ein zeitloses Thema, das man zu jeder Jahreszeit platzieren kann …

Aber ja! Nur her damit! Ich sammle solch zeitlose Themen für meine Kurse! Mit einigen kreativen Gernschreiberinnen traf ich mich gestern zu einer außerordentlichen Sitzung. Wir wollten der Idee, eine öffentliche Lesung zu veranstalten, auf den Grund gehen. Herausgekommen ist jede Menge lockere Plauderei, bei der wir viel gelacht haben. Ja, Gernschreiberinnen lachen meiner Erfahrung nach oft und aus vollem Herzen, sind weder “gestrige” Blaustrümpfe, noch abgehobene TheoretikerInnen! Eines unserer zeitlosen (Plauder-) Themen war „Spülmaschine aus- und einräumen in Partnerschaften“. Das gibt jede Menge her, wie wir feststellten. Und keine Erfahrung ist wie die andere!

Einsichten vermitteln, die überraschen und auch noch unterhaltsam sind, verdient eine gute Note in der professionellen Schriftstellerei. Doch haben natürlich jene Bücher oder Kurzgeschichten die Nase vorn, die ihren LeserInnen großen Freiraum für eigene Phantasien (Projektionen und Schlüsse) lassen.  Nichts ist nervtötender, als felsenfeste Weisheiten haarklein und als unverrückbar serviert zu bekommen. Ähnlich nervtötend ist die abschätzige, aber wenig originelle Schmähung „Wer schreibt, der bleibt“ – nach dem Motto: Ihr habt ja eh nix Lohnendes zu sagen und damit ab in die Mottenkiste der blasierten FaslerInnen und überflüssigen MöchtegerndichterInnen.

Die Jagd nach Geschichten ist groß und alt und kommt nicht aus der Mode. Wer kennt ihn nicht – den „Flurfunk“? Auch da kann man sich bestens unterhalten, manchmal auch gruseln. Sehr lebendig wird es, wenn es um Beziehungen geht. „Hast du schon gehört …“ hat meist kein Haltbarkeitsdatum und ist oft durch keinerlei Gegenrecherche „dingfest“ gemacht. Trotzdem hören wir gerne zu. Wir spinnen Gehörtes auch gerne weiter. Manches regt uns gelegentlich zu neuen Geschichten an, die zu guter Letzt evtl. ganz anders geartet sind – vielleicht mit einer Pointe enden, die so unverwechselbar ist, dass sie sich einprägt.

Der „Flurfunk“ hat es leichter als eine Lesung, sofern er Brisantes verbreitet und Tag für Tag für neue, aufregende Nahrung sorgt. KünstlerInnen der Malerei- und Skulptur-Szene haben es leichter mit ihren „EndverbraucherInnenn“ als GeschichtenschreiberInnen, die das Stillsitzen ihres Publikums erfordern. Skulpturen kann man fotografieren, ein Gemälde mit nach Hause tragen und an die Wand hängen – was tut man mit gehörter Prosa? Richtig! Wem sie gefällt, der fragt, ob er sie gedruckt (oder neuerdings auf CD) erwerben kann. Und weil der Schritt zum Büchlein (ob auf Papier oder auf Scheibe) etliches an Aufwand bedeutet, sammeln wir lieber noch mehr Geschichten, bevor wir uns in das Abenteuer Lesung stürzen. Themen haben wir ja genug. Siehe Spülmaschinen-Twist.

Und was fiele mir zur Weitergabe in punkto „Wenn ich nochmal jung wäre …“ ein? Ich bereue, dass ich nicht Tagebuch geschrieben habe als junge Volontärin bei der Lokalzeitung, denn „die Geschichte hinter der Geschichte“ wäre heute in vielen Fällen ein lesenswertes Zeitzeugnis. Mit der Frische der Jugend festhalten, was einem zu denken gibt, wo Widersprüche klaffen, wo sinnvolle Wendungen zum Greifen nahe sind und wodurch sie letztlich verfehlt werden – es ist nicht mit der Sicht von damals rückholbar. Und inzwischen wirkt das damals Verstörende, Aufschreckende oder Bewunderte sehr viel selbstverständlicher dank jahrelanger Sozialisation in den Furchen des „Erwachsenwerdens“, in den Fängen der fortschreitenden Berufserfahrung oder “Karriere”.

Ansonsten reizt mich das Gedankenspiel, nochmal jung zu sein und andere Verhaltensweisen dafür zu überlegen oder gar zu empfehlen, gar nicht. Weniger unbedarft und dadurch weniger vorlaut zu sein? Gerade das hat es doch gebracht damals! Vielleicht hätte ich während der Schulzeit von meinen Eltern dazu genötigt werden sollen, ein Instrument zu lernen, weil das heute der Nutzung meiner Gehirnhälften dienlich wäre. Aber ob mich das nicht zum Bockigsein gebracht hätte, weiß ich beim besten Willen nicht zu beurteilen, weil ich mich in das Kind von damals nicht mehr hineinversetzen kann. Ich weiß nur, zusätzlicher Unterricht in Mengenlehre (die damals noch nicht üblich war) ging schief, weil ich seine Notwendigkeit nicht einsah und er mir deshalb lästig war. Die Lehrerin bei uns auf dem Dorf bot ihn übrigens gratis an für jene, von denen sie annahm, dass es sich für diese lohne …

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Aug 02 2016

Kopfkino: Namen sind nicht Schall und Rauch!

Autor: . Abgelegt unter Literatur

Neulich im Kurs „kreativ schreiben“ hieß eine Protagonistin „Renate“. Sie war etwa um die 28, so dass ich die Verfasserin der Geschichte fragte, ob ihr ein nicht in „jüngerer“ Vorname einfalle, denn alles hat seine Zeit – auch die Mode der Vornamen wechselt. Später sah ich im Internet nach: „Renate“ hatte Hochkonjunktur zwischen 1937 und 1954, in meinem Geburtsjahr war er bereits auf Rang 11 abgerutscht.

Namen sind nicht Schall und Rauch, sie beschwören gewisse Assoziationen herauf. Unter „Fatima Faulhaber“ stelle ich mir eine andere Figur vor als unter „Siegfried Samstag“ oder „Isabelle Freudichdrauf“. Es ist deshalb eine gute Übung, Namen um der Assoziationen willen zu erfinden, und daraus Mini-Geschichten entwickeln. Diverse Portale geben im Internet über beliebte Vornamen Auskunft, zum Beispiel > http://www.beliebte-vornamen.de/ Bestimmt klicken das werdende Eltern häufig an, aber es gibt auch für GernschreiberInnen jede Menge her. Zumal man auch Bedeutungsforschung treiben kann und auf Assoziationen zu Prominenten stößt. Es geht ja immer darum, das Kopfkino zu „füttern“:

Mit „Don Quichotte“ verbindet man den Kampf gegen Windmühlen, „Werther“ steht für die Epoche „Sturm und Drang“, Goethe und Selbstmord incl. etlicher Nachahmungstaten. Bei „Alice“ spazieren die Gedanken ins „Wunderland“ oder zu „Emma“ bzw „Feminismus“. Harte Prüfungen, Niederlagen und Durchhaltewillen kennzeichnen Scarlett O’Hara in dem Kultfilm „Vom Winde verweht“.

Apropos Niederlagen: „Vom Scheitern und Wiederaufstehen“ haben die 9. Nordwalder Biografietage als Überschrift gewählt und starten damit am 23.9.2016 ab 14 Uhr im Rathaus Nordwalde. Zum Thema „Shit Happens – aus Fehlern lernen“ hält Dr. Christoph Mandl, Uni Hohenheim, die Einführungsrede. Zusammen mit Prof. Dr. Andreas Kuckertz erstellte er die Studie „Gute Fehler. Schlechte Fehler“, die Ende 2015 erschien. Die Veranstaltung orientiert sich an dem Modell der sogenannten Fuck-up-Nights. Diese Bewegung nahm 2012 in Mexiko ihren Anfang, um das Scheitern von StartUps öffentlich zu teilen. Näheres zu den Nordwalder Biografietagen > http://www.biografische-kommunikation.de/

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Jul 05 2016

Lockere Texte willkommen – App als Weckruf

Autor: . Abgelegt unter Alltag,Literatur

Sich mit Literatur den Tag versüßen – das Kopfkino zitiert Pendler mit Schmökern herbei oder die sonnige Mittagspause im Park mit einem E-Book-Reader. Seit Dezember 2015 ist eine weitere Spielart auf dem Markt: „Literiki“ – eine App, die Menschen fröhlich aufwachen lassen will.

Die Idee dazu hatte eine Lehrerin in der Schweiz, Isabella Hoegger. Derzeit startet sie Aufrufe nach „jungen“ Texten, die sie von Profi-SprecherInnen einlesen lässt. Vier bis fünf Monate Vorlaufzeit rechnet sie. Texte, die jetzt eingesandt werden und zum Konzept passen, kommen ab Januar 2017 als leichtfüßiger Schubs in den Tag aufs Handy. Wer sie tagsüber noch einmal zur Aufmunterung hören will – das ist möglich. Doch am nächsten Tag jedoch ist eine andere Geschichte dran.

Weitere Einzelheiten > www.literiki.com Auf der Homepage kann man in eine Kostprobe reinhören, die App selbst kann man drei Tage kostenlos testen. Interessant für AutorInnen: Verlangt sind ca. 2000 Zeichen, akzeptierte Beiträge werden mit 45 Euro honoriert. Auf Literiki.com findet man die Fotos von jenen, deren Geschichten den Tagesauftakt erleichtern/bereichern (sollen) sowie einen Link zu deren Homepage. Eine gute Idee!

NEUES in eigener Sache: „Hässliche Socken zu kurzen Hosen …“ so beginnt die jüngste Folge der Schreibanlässe, die ich auf Facebook veröffentliche. Diesmal geht es um Ärgernisse des Sommers.

https://www.facebook.com/Memo-Reporting-183531688502805/

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Mai 02 2016

Von einer Trostliste & vom Schreiben zur Selbstentfaltung

Autor: . Abgelegt unter Literatur

Verkannte Bestseller: Eschbachs Trostliste

Gut vernetzt zu sein hat Vorteile. Einen davon will ich schnell weitergeben: Dank des Autorenbriefes von Autorenhaus.de erfuhr ich von der Liste der „Abgeblitzten“, die Andreas Eschbach veröffentlicht. Er selbst ist Bestseller-Autor und nennt es „Trostliste für Verlagssuchende“ > http://url9.de/Xoz

Dass Harry Potter fast nicht das Licht der großen weiten Welt erblickt hätte, ist inzwischen hinlänglich bekannt, dass es Astrid Lindgren mit ihrer Pippi Langstrumpf 1944 ähnlich erging, ist wahrscheinlich nicht (mehr) im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Auch „Schlafes Bruder“ befindet sich auf der Liste, womit Robert Schneider nach 27 Absagen schließlich internationalen Erfolg einheimste. Auch Stephen King und Literaturnobelpreisträgerin Doris Lessing sind schon mit Manuskripten bei Verlagen abgeblitzt.

Natürlich kann sich niemand, der eine gründliche Überarbeitung seiner Texte scheut, auf diese Trostliste berufen und nur von der Hoffnung allein ausgehen, dass sein Werk schon noch von Erfolg gekrönt wird. Aber zu viele Selbstzweifel sind fehl am Platz. Man kann aber immer dazulernen. Auch hierbei erweist sich der Internetauftritt von Andreas Eschbach als Fundgrube.

Wer das Schreiben als Ausdruckform für sich entdeckt hat, tut gut daran, sich dieser Tätigkeit täglich zu widmen. Alle Schreibratgeber ermuntern dazu und nennen Methoden, wie der „innere Schweinehund“ zu überwinden sei. Es gibt sie natürlich – die „ewigen Ankündiger“. Bei jeder Gelegenheit wiederholen sie die Absicht ein Buch zu schreiben, aber wenn das Gegenüber nachhakt, ist noch kein Strich in der Richtung geschehen, steht kein Gerüst, die Antwort bleibt nebulös.

Mir als Berufsschreiberin fällt es oft schwer, mir Hemmnisse zu vergegenwärtigen, die vom Schreiben abhalten. Bei mir ist der „innere Schweinehund“ höchstens mit dem verbunden, was man in meiner Jugend „Leibesübungen“ nannte und worin ich immer schlechte Noten hatte. Sprich: Körperliche Ertüchtigung – ob nun joggen, Gymnastik oder Ergometer. Inzwischen sprang mich schon mehrfach der Satz an: „Sitzen ist das neue Rauchen!“ Man kann es auch übertreiben mit dem Angstmachen – auch wenn Bewegungsarmut wirklich das Gegenteil von gesund ist. Dennoch: Der Satz zeugt von pfiffiger Kreativität!

Selbstentfaltung: Schreibend Co-Autor des eigenen Lebens werden

Schreiben kann aber auch mit heilender Wirkung verbunden sein und zu neuen Lebensmustern verhelfen. Dies hat Liane Dirks dokumentiert in ihrem Buch „Sich ins Leben schreiben – Der Weg zur Selbstentfaltung“, erschienen 2015 im Kösel-Verlag und absolut empfehlenswert. Auch jene in meinen Schreibkursen, die es sich angeschafft haben, sind davon begeistert.

„Schreibend kann man frei für Neues werden“, steht im Klappentext. Darauf kriegt man auch richtig Lust angesichts der Sprache, die die Seele freundlich streichelt. Die Autorin ist ausgebildete Gesprächstherapeutin und nimmt ihre LeserInnen auf überzeugende Weise mit auf die Reise zum eigenen Selbst, setzt Impulse und hat dieses kreative Konzept sehr gut durchdacht. Man erfährt, wie man sich rüstet („Mut, Vertrauen, Offenheit – die besseren Seiten der Angst“) und welche Rückschläge es geben kann. Allein das lohnt schon die Lektüre, von ihr angestiftet zu werden, ist dann die Krönung! Wie ein vom Veralg veröffentlichtes Feedback anmerkt, ist „ein Quantum Abenteuerlust ist dabei durchaus hilfreich!“ Letztlich steckt Versöhnung zwischen den Zeilen, wenn man sich traut, sich ein wenig zu riskieren.

Liane Dirks. Sich ins Leben schreiben. Der Weg zur Selbstentfaltung. Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 240 Seiten, 19,90 €, ISBN: 978-3-466-34615-8

http://www.randomhouse.de/Buch/Sich-ins-Leben-schreiben/Liane-Dirks/Koesel/e481430.rhd#buchInfo5

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Mrz 10 2016

Die letzte Bettung kann vielfältig sein

Autor: . Abgelegt unter Literatur

Bronikowski kann nichts dafür, dass dieser leise Roman seinen Abschied von der Welt mit schwarzem Humor der Realität geräuschvoll enthebt und zum angeblich großen Auftritt stilisiert. Die Bühne dafür ist so gewählt, als handele es sich um eine Burleske, die Leben und Tod in Einklang bringen möchte. Bis auf diese Szene zum Schluss enthält Kai Weyands Applaus für Bronikowski ungeheuer viel Leichtfüßiges, über das man sich amüsieren kann, während gleichzeitig eine Lanze für das Bestatterwesen gebrochen wird.
Eltern, die sich mit einem Lottogewinn davonstehlen – das ist der Auftakt. Ihr Sohn Nies nennt sich seitdem NC. Das steht für “No Canadian”, und das C werde bitteschön englisch ausgesprochen. Der Junge wächst heran, sucht sein Auskommen, aber nicht unbedingt nach seiner Berufung. Vor allem will er hinter das Geheimnis der Wörter kommen. Da verschlägt es ihn eines Tages zufällig in ein Bestattungsinstitut.

WEITER-lesen >   http://journalismus-und-mehr.com/tipp20.php

Kai Weyand: Applaus für Bronikowski. Roman. Wallstein Verlag, Göttingen 2015. 188 Seiten, 19,90 EUR. ISBN-13: 9783835316041

Es ist derzeit angesagt, sich in der Literatur mit dem Thema “Bestattung” auseinanderzusetzen. Im Januar brachte C. H. Beck “Fragen Sie Ihren Bestatter” heraus. http://www.chbeck.de/Doughty-Fragen-Bestatter/productview.aspx?product=15996487 Untertitel: Lektionen aus dem Krematorium. Sie kommen aus Amerika. Der Autorin kann man auch auf youtube zuhören: https://www.youtube.com/user/OrderoftheGoodDeath

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Feb 20 2016

Ein kleines Buch hat trotz Hindernissen Erfolg – die 2. Auflage von “Namenloser Tod” ist gestartet

Autor: . Abgelegt unter Alltag,Literatur

Sie wird nochmal gegenwärtig: Stefanie Blech, Jahrgang 1982, die am 20.7.2000 einen Cocktail aus Alkohol und Drogen nicht überlebte. „Namenloser Tod“ – mit diesem Buch will ihr Nachbar Siegfried Naujeck, dass sie nicht vergebens gestorben ist. Ohne Zeigefinger vor Sucht zu warnen ist sein Anliegen, und andererseits will er Diskussionen über Grundwerte und „modernes Leben“ schlechthin anstoßen. Der Dortmund Verlag brachte nun im Januar die zweite Auflage mit einem Lektüreschlüssel heraus. Dieser stammt aus meiner Feder und enthält unter anderem neun Fragenblöcke, die die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Aspekten des Stoffes vertiefen mögen.

Nun könnte ich die übliche Inhaltsangabe liefern. Doch das passt an anderen Stellen besser. In diesem Blog will ich ja gelegentlich einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen. Vordringlich ist im Moment, dass das Buch ausschließlich über den Buchhandel erhältlich ist, weil Amazon es seit fünf Wochen nicht schafft, den Titel online zu stellen. Abgesehen davon, dass ich selbst bei den allermeisten Gelegenheiten den örtlichen Buchhandel einer „Fernbeziehung“ vorziehe, sind die Mühen, die es kostet, dass der Verkauf über Amazon funktioniert, erwähnenswert.
Keine Ahnung, woran das liegt. Am Apparat? An einem Eingabefehler, dessen Korrektur anschließend vom System schlichtweg nicht „gefressen“ wird? Stellen Sie sich vor, Sie sind Autor, haben sich eine gefühlte Ewigkeit mit ihrem Buch leidenschaftlich gefordert und geplagt, und erhalten dann von interessierten Menschen mehrfach die Rückmeldung „Amazon meldet ‚derzeit nicht lieferbar‘“.
Es ist nicht das erste Hindernis, das sich für Autor Naujeck mit dem Buch verknüpft.

Hier ein Auszug aus dem Lektüreschlüssel, Kapitel „Rezeption“:
Ausgerechnet die Landesstelle für Suchtfragen in Sachsen-Anhalt nimmt Anstoß an dem Buch. (…) 2009 zog sie eine Parallele zu dem Stern-Bestseller „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, den sie mit einer „Trivialisierung des Drogenkonsums“ in Zusammenhang bringt. (…) Die Geschichte der Christiane F. vom Berliner Kinderstrich schockierte 1978 Jung und Alt, (…) wurde laut „wikipedia“ Anfang der 80er Jahre „zum meistverkauften Buch in der Bundesrepublik Deutschland, in 15 Sprachen übersetzt“ und „in zahlreichen Schulen“ zur Pflichtlektüre. (…)
2011 musste Naujeck erkennen, dass sein Buch punktuell bei Schulen und Jugendklubs der Negativbewertung zum Opfer fiel (…) und wehrte sich in einem „Offenen Brief“ gegen die unerbetene Einschätzung (…). Denn auch wenn man Texte natürlich unterschiedlich auffassen und auslegen kann – hier war dies von einer öffentlich-rechtlichen Instanz hinter den Kulissen mit weitreichenden Konsequenzen geschehen und deshalb einen kritischen Diskurs wert.
Unter anderem ging es um den Nachahmungseffekt. Wenn dieser so hoch gewichtet würde, dürfe man – so Naujeck – im Unterricht auch nicht „Die Leiden des jungen Werthers“ von Goethe oder die modernisierte Aufbereitung dieses Sehnsuchtsstoffs von Ulrich Plenzdorf (168/70, DDR) im Unterricht durchnehmen. Der offene Brief gibt zu bedenken: „ … woraus lernen wir alle – wenn nicht aus Konflikten, rivalisierenden Gegensätzen, strittigen Werten, Missverständnissen und Widerständen? Offene Diskussionen sind in der Wachsamkeit Suchtverhalten gegenüber förderlich. Eine Bürokratie, die mehr verhindert als Räume öffnet, ist kontraproduktiv.“ ZITAT ENDE
Die Entwicklung des Offenen Briefes habe ich miterlebt, verfolge also die Autorenschaft von Siegfried Naujeck schon einige Jahre. Und als dann der Verlag, bei dem die erste Auflage erschienen war, Insolvenz anmeldete, habe ich mitgeholfen, dass die Geschichte von Stefanie weiterhin auf dem Buchmarkt präsent bleibt. Generell bin ich daran interessiert, dass Wachsamkeit gegenüber Strittigem hoch gehalten wird!
Siegfried Naujeck. Namenloser Tod. 2. überarbeitete Auflage mit Lektüreschlüssel, 2016, 199 Seiten, Dortmund-Verlag, 14,80 €, ISBN 978-3-95960-038-5

https://www.facebook.com/namenlosertod/

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Nov 29 2015

Viel besser als gute Vorsätze oder nach Goethe: Wer ewig strebend sich bemüht …

Autor: . Abgelegt unter Literatur,Sonstiges

Sich selbst auf intelligente Weise Freiraum zu lassen, ist ein mächtiger Motor. Das schreibt Stephen Guise auf Seite 100 seines Ratgebers „Viel besser als gute Vorsätze: Wie Sie mit Mini-Gewohnheiten Maxi-Erfolge erleben“.* In einer Gesellschaft, in der man ständig nach Verbesserungen trachtet, finden Impuls- und Ratgeber reißenden Absatz. Es gibt da die Fraktion, die Zähl- und Messbares verbessern will, und eine andere, leisere, die nach Erkenntnissen Ausschau hält und offen ist für Intuition.

Der generelle Ansatz von Guise folgt der Weisheit, dass man nicht einen riesigen Berg auf einmal erstürmen kann, sondern ihn klugerweise in kleine Hügel abträgt und dann ein überschaubares Pensum wohl dosiert angeht und auch schafft. Das ist sehr anschaulich beschrieben, je nach Gemüt an manchen Stellen sehr „klein in klein“, auch mit Wiederholungen wird nicht gegeizt. Beate Brandt hat das Buch aus dem Amerikanischen übersetzt, der Autor brachte es in seiner Heimat 2013 im Selbstverlag heraus.

Der eingangs zitierte Satz hallte in mir lange nach. Was ist eine „intelligente Weise“, wer definiert, was mit „intelligent“ gemeint ist, kann ich mir Intelligenz vorgaukeln, um nicht genau hinschauen oder etwas anpacken zu müssen? Wo beginnt Freiraum auszuufern und in Öde zu enden? Jeder kennt vermutlich das Gefühl, nicht mehr zu wissen, was hinten und vorne ist, weshalb man überhaupt etwas zur Priorität erheben soll und warum das Leben trotz guter Vorsätze nicht so läuft, wie es sollte.

So legte ich „Seelenspur“** neben die Philosophie über das Vorwärtskommen durch Mini-Gewohnheiten. „Seelenspur“ ist eine Anthologie, zu der booksun, ein Stuttgarter Verlag, aufgerufen hatte. 80 Teilnehmer beteiligten sich an den Projekt, 41 davon finden sich nun gedruckt wieder in dem gut aufgemachten Band mit dem Untertitel „Wegeweisende Geschichten aus Alltag, Traum und Trance“, herausgegeben von Eva Cäcilia Otth. Verleger Peter Simon Fenkart rät in seinem Vorwort, die Geschichten mit Bedacht zu lesen: „Achten Sie darauf, welche Impulse sie bei Ihnen auslösen. Denn Ihre eigene innere Stimme wirkt mit beider Interpretation.“ Stimmt! Das tut sie bei jeder Begegnung im Alltag, bei jedem Film (ob im Kino oder im Fernsehen) sowie bei jeder Lektüre.

Hier besteht der „intelligente Freiraum“ sicher darin, womit man sich umgibt, womit man sich konfrontiert. Und dann der eigenen Intuition vertrauen zu lernen ist sicher nicht nur ein Fortschritt, sondern auch ein beglückendes Reife-Erlebnis. Obwohl die beiden Bücher völlig konträr anmuten, sind sie empfehlenswert und beißen sich keineswegs, wenn sie nebeneinander im Regal platziert werden.

* Viel besser als gute Vorsätze. Wie Sie mit Mini-Gewohnheiten Maxi-Erfolge erleben. 158 Seiten, Paperback, VAK Verlags GmbH, ISBN 978-386731164-9, € 12,95.
** Seelenspur. 2015, gebunden, 189 Seiten, ISBN 978-3941527157, € 19,95. Das Inhaltsverzeichnis ordnet die AutorInnen ihren Beiträgen leider nicht zu, ihre Kurz-Vita ist – meist mit Foto – unter http://seelenspur.ch/ abrufbar.

Eine aktuelle Empfehlung jenseits der Ratgeberliteratur ist ein Buch über moderne Liebesanbahnung von Ursula März: „Für eine Nacht oder fürs ganze Leben“:
Sich eine „bessere Hälfte“ anzulachen, kann ganz schön anstrengend sein. Warum sich also nicht helfen lassen? Dafür gibt es Agenturen oder Partnerbörsen im Internet. Wenn bei Verabredungen die Chemie stimmt, heißt das jedoch noch lange nicht, dass der ersehnte Funke überspringt beziehungsweise sich eine Verbindung „Für eine Nacht oder fürs ganze Leben“ anbahnt. Von fünf Dates unter dieser Spannung erzählt Ursula März in ihrem Buch mit diesem Titel.
Weiterlesen > http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=21264&p=42c3

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