Monatsarchiv für Juni 2014

Jun 02 2014

Journalisten sollen nicht nur coden … Diskussion über die Medien von morgen in Flügel-tv

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Soeben komme ich von „quergedacht – Politische Kultur im Umbruch? Die Medien von morgen!“* Mitgenommen habe ich daraus unter anderem, dass der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen** einen stärkeren Schulterschluss zwischen Universitäts- und Zeitungsmilieu fordert. Bravo! Vielleicht zettelt das endlich ein Denken von einem anderen Ende her an! Natürlich wurde Qualitätsjournalismus angemahnt bzw. die dazugehörigen Rahmenbedingungen. Ja, ja – dachte ich bei mir – schon mancher gut ausgebildete Journalist ging lieber in eine andere Branche, weil sein Qualitätsbewusstsein im Redaktionsalltag nicht durchsetzbar war und das für ihn auf lange Sicht unbefriedigend bis gesundheitsschädlich gewesen wäre.

Die Veranstaltung wurde mitgeschnitten und kann in in Flügel-tv nachvollzogen werden > http://www.fluegel.tv/beitrag/9504

Daheim zog ich dann aus dem Netz das Neueste von Hubert Burda: „Wer schon heute als Journalist ein paar Zeilen Code schreiben kann und weiß, wo er die Daten findet und diese dann visualisiert, ist gut für die Zukunft aufgestellt, Journalisten sollen aber nicht nur coden und visuell denken lernen, sondern sich immer mehr mit Entwicklern und Designern zusammenschließen – nur so entstehen innovative Medienprojekte. Auch wir als Verlag brauchen immer mehr solche jungen Menschen, die keine Scheu vor neuen Technologien haben.“ (http://www.burda-news.de/content/hacken-im-badischen; Hervorhebung von mir.)

Peng – Burda definiert das „Morgen“ erwartungsgemäß anders. Er und seine Medien bevorzugen den Journalistentyp „eierlegende Wollmichsau“. Der Generalist, der alles kann, hat aber auch nur 24 Stunden pro Tag, muss davon einiges abziehen für essen, schlafen, Hygiene und Beziehungen. Vertiefen in ein Thema kann er sich kaum, in weit verzweigte Zusammenhänge schon gar nicht; nachhaltig berichten, wo das vermisste Flugzeug tatsächlich gestrandet ist und warum und welche Konsequenzen das für die Kinder der Opfer jetzt und fünf Jahre später hat – wird er das gratis arbeitenden Bürgerreportern übertragen, um den Rücken frei zu haben für die technischen Herausforderungen in immer kürzeren Abständen?

Es wird Zeit, dass die Publika sich aufschwingen und als Verbündete der JournalistInnen sich für verbesserte Bedingungen in den Medien-Unternehmen mit einsetzen. Denn die Entwicklung hin zu schlechteren Inhalten lässt sich leicht „verschlafen“, während wir bei den Streiks von Bahnbediensteten, Polizisten und Piloten durchaus hoffen, dass er zu einem positiven Ergebnis führt, damit wir als Verbraucher pünktlich ankommen, als Bürger vor Straftätern sicher sind und auf Urlaubs- oder Dienstreisen nicht von Himmel fallen, falls der Flugkapitän nach zu vielen Überstunden einnickt. Die Demokratie ist eng an unsere Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten geknüpft und stirbt im Zweifelsfall leise.
* Eine Veranstaltung des Fritz-Erler-Forums Baden-Württemberg und Mehr Demokratie e.V. im Alten Rathaus zu Esslingen. Mit Prof. Dr. Bernhard Pörksen, Uni Tübingen; Ulrike Winkelmann, taz-Redakteurin; Ulla Fiebig, SWR; Gerd Manthey, ver.di.
** Breitenwirksam publizistisch hervorgetreten u. a. mit Der entfesselte Skandal (2012, mit Hanne Detel)

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