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Mrz 15 2017

Memoiren: Jürgens Jugendstreiche und Marthas Mundgeruch ungefragt verewigen?

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Wann darf ich eine Person ohne ihr Wissen in meinem Lebensrückblick erwähnen? Das ist eine häufige Frage, wenn jemand seine Erinnerungen verschriftlichen will. Es geht um das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und wie sich das mit der Meinungsfreiheit und der Freiheit der Kunst vereinbart. Dazu bat ich Marcus Remmele, Rechtsanwalt aus Stuttgart, um ein Interview. Er antwortete mit einem Essay:

♠ Wer sein Leben, seine Erlebnisse und Erfahrungen in persönlichen Memoiren festhält, spricht oft auch über andere Personen, die dabei eine wichtige Rolle spielen. Je nach dem was berichtet wird und gerade dann, wenn es nicht so positiv ist, kann sich die Frage stellen, ob es bei der Veröffentlichung zu Problemen und rechtlichen Auseinandersetzungen kommen kann. Wenn das passiert, können dabei Streitigkeiten mit ungewissem Ausgang und Schadensersatzforderungen, Gerichts- und Rechtsanwaltskosten drohen. Hier ein Überblick, welche Punkte in solchen Fällen eine Rolle spielen können.

Von Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst und dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht

Wenn einzelne Person in Geschichten, Berichten oder Kommentaren eine Rolle erkennbar werden, dies aber nicht wollen, stehen sich unterschiedliche Interessen gegenüber. Das betrifft ganz grundsätzliche Rechte der Beteiligten.

Nach dem Grundgesetz steht jedem zu, seine Meinung frei zu äußern und das auch in Texten festzuhalten. Journalisten können sich zudem auf die Pressefreiheit berufen. In Einzelfällen kann auch die Öffentlichkeit daran interessiert sein, Informationen zu erhalten, zum Beispiel bei politischen Ereignissen. Dementsprechend hat nach dem Grundgesetz auch jeder das Recht, sich aus frei zugänglichen Quellen zu informieren. Romane, Fantasiegeschichten, Karikaturen, Satire und ähnliches werden auch durch die Freiheit der Kunst ermöglicht.

Auf der anderen Seite steht das allgemeine Persönlichkeitsrecht jedes einzelnen, mit dem jeder selbst entscheiden kann, ob und inwieweit er die Öffentlichkeit an seinem Leben teilhaben lassen möchte. Dieses Recht kann im Einzelfall auch wichtig werden, da je nach Information das Image und der Ruf einer Person nachhaltig beeinträchtigt und dauerhaft geschädigt werden können. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann verletzt sein, sobald Informationen über einen Betroffenen ohne dessen Einwilligung weitergegeben oder veröffentlicht werden. Als rechtliche Möglichkeiten gibt es dagegen zum Beispiel Unterlassungsansprüche, um eine (weitere) Veröffentlichung zu verhindern oder Schadensersatzansprüche für eingetretene Schäden.

Rechtliche Beurteilung von Konflikten

Bei Konflikten wird quasi in einer Bestandsaufnahme abgewogen, wer sich auf welche Rechte berufen kann und welche Interessen im Einzelfall stärker sind und sich durchsetzen. Bei Äußerungen über andere Personen spielt dabei die Unterscheidung zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen eine zentrale Rolle.

Meinungen beinhalten ein persönliches Werturteil, dem man sich entweder anschließen oder es eben anders sehen kann. Da das Recht auf freie Meinungsäußerung ein wichtiges Grundrecht ist, ist es auch entsprechend weit gefasst. Zulässig sind deshalb Äußerungen völlig unabhängig davon, ob sie von anderen als nützlich, wertlos oder überflüssig eingestuft werden. So ist es grundsätzlich zulässig, das Verhalten anderer Personen zu kritisieren und dabei auch „deutliche Worte“ oder einen „schärferen Tonfall“ zu benutzen. Die Grenze dabei ist erreicht und wird überschritten, wenn nicht mehr eine sachliche Auseinandersetzung im Vordergrund steht, sondern es darum geht, andere öffentlich herabzuwürdigen oder zu beleidigen, was regelmäßig der Fall ist, wenn andere mit Schimpfwörtern angegangen werden.

Tatsachenbehauptungen sind dagegen Äußerungen, die objektiv nachprüfbar sind. Weil die Behauptung von Tatsachen stärker wirken können als subjektiv geprägte Meinungen, gibt es dazu auch engere Grenzen. Können Äußerungen das Ansehen von Personen beeinträchtigen, kann das als üble Nachrede strafbar sein, wenn die Richtigkeit von behaupteten Tatsachen im Zweifelsfall nicht nachgewiesen werden kann, bei der absichtlichen Verbreitung falscher Tatsachen als Verleumdung. Wenn Informationen über eine Person zwar zutreffen, kann der Betroffene dennoch ein berechtigtes Interesse daran haben, dass diese nicht öffentlich werden.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht sichert jedem einzelnen einen Bereich zu, in dem private und intime Informationen geheim bleiben sollen. So muss es jemand beispielsweise nicht hinnehmen, dass eine Krankheit, an der er leidet, offenbart wird oder dass Details aus seinem Liebesleben bekannt werden. Anders kann das sein, wenn an diesen Informationen ein Interesse der Öffentlichkeit bestehen kann, so etwa, wenn eine Person in einer exponierten Stellung Verantwortung hat und sich die Frage stellt, ob sie dieser mit einer eingetretenen schweren Krankheit noch gerecht werden kann oder wenn Verbindungen zwischen Personen politische oder gesellschaftliche Bedeutung haben könnten. Es spielt auch eine Rolle, ob sich jemand freiwillig in den Fokus der Öffentlichkeit begeben hat. Ein bekannter Politiker muss zum Beispiel mehr „hinnehmen“ als eine Person, die weniger oder gar nicht in der Öffentlichkeit steht oder stand. Das gleiche kann der Fall sein, wenn Personen den Kontakt zu den Medien bewusst suchen.

Der Schutz der Persönlichkeit des Einzelnen endet auch nicht mit dem Tod. Auch nach dem Tod hat jede Person noch einen Anspruch auf Achtung. Dabei geht es in erster Linie darum, dass Darstellungen oder Berichte die Ehre und Würde des Verstorbenen nicht verletzen. Negative Informationen können das natürlich eher bewirken als positive. Entscheidend ist der Aussagegehalt der Informationen sozusagen im „Gesamtpaket“. Je nach Zielrichtung oder Schwerpunkten kann ein Eindruck über eine Person bei einem Leser entstehen oder auch bewusst erreicht werden.

Im Einzelfall können Nuancen entscheiden über die Rechtslage und den Ausgang eines möglichen Rechtsstreites. Verlässliche Prognosen lassen sich in vielen Fällen nicht aufstellen. Eine Richtschnur kann sein, dass im Zweifel eher Meinungen, also zum Beispiel persönliche Eindrücke und Bewertungen geäußert werden sollten als bloße Tatsachen zu behaupten, da hierfür der geschützte Bereich weiter ist. Im Idealfall willigen Betroffene einer Veröffentlichung ein. Um mögliche Konflikte zu vermeiden, empfiehlt sich ggf. vorab die Klärung rechtlicher Fragen und die Einschätzung von Risiken. ♠

Herzlichen Dank an Marcus Remmele!

Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit dem Marken-, Design- und Urheberrecht und wirtschaftsrechtlichen und medienrechtlichen Fragen. www.ra-remmele.de / www.facebook.com/raremmele

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