Archiv für das Tag 'Lesung'

Jun 16 2019

Sternstunden

Autor: . Abgelegt unter Kultur,Literatur

Es gibt sie noch: Sternstunden im Miteinander beim Ringen um die Worte, die verzaubern wie eine Sternschnuppe, wobei sie gleichzeitig sitzen wie ein Maßanzug. Das zeigte der gestrige Abend, die Vorprobe zur Generalprobe zu unserem Abend „Stimme der Poesie. Gedichte angestimmt im Grünen“ (Näheres siehe unten).

Die Gruppe findet seit einigen Jahren unter dem Dach der Volkshochschule Schorndorf zusammen, um gemeinsam „kreativ schreiben“ zu üben. Das hat den Effekt, sich immer wieder in geschütztem Rahmen auf neue Felder wagen zu können. Diesmal also Gedichte.

Das Abenteuer beginnt schon bei der Idee: Wieso soll ein und dasselbe Gedicht mehrmals gelesen werden? Immer wieder von einer anderen Person. Damit die Poesie leichter eingeht in Geist & Herz der ZuhörerInnen, die bei jeder Stimme andere Nuancen hören. Und dann womöglich neue Aspekte oder andere Bilder auftauchen lassen.

Die Idee funktioniert tatsächlich, man kann sich gut einlassen auf die Variationen des Gleichen. Ähnlich funktionieren Adaptierungen bei Schlagern oder bei den Chansons – wie oft fand „My Way“ von den unterschiedlichsten InterpretInnen Anklang bei einem breiten Publikum, auch wenn die ursprüngliche Version von Frank Sinatra unvergesslich ist. Sämtliche Akteurinnen unserer Gruppe, die diese Art von Wort-Vortrag zum ersten mal ausprobieren, sind begeistert von der Methode des Wiederholens, vom Erlebnis der unterschiedlichen Stimmen und der Wandlung durch Betonungen.

Es ist ein Privileg, immer wieder dazulernen zu können und dem Publikum von Zeit zu Zeit Neues zu bieten. Dieser Spaß an der Erweiterung des Repertoires lässt den Funken überspringen auf die Zuhörerschaft. Schon bei der Vorprobe gestern zeigten sich Ernsthaftigkeit und Begeisterung in guter Balance,  was die Fähigkeit zu überzeugen überaus günstig beeinflusst.

So sieht die Gruppe 7punkt3 ihrem Auftritt am 10. Juli 2019 mit Spannung und Vorfreude entgegen, „verliebt in leichtfüßige Gedichte, verbündet mit zeitkritischer Lyrik, auf gutem Fuß mit Versen, Reimen, Balladen“.

10. Juli 2019 > 19 – 21.30 Uhr / Gärtnerei Benz, Burgstraße 25, 73614 Schorndorf, Gewächshaus rechts vom Haupteingang / Eintritt: 8 € > https://shorturl.de/ZiA4

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Feb 06 2018

Von grünen Socken und der Lesung am 7. März

Autor: . Abgelegt unter Kultur,Literatur

Ich habe Socken in einem Grün, das ich nicht mag. Und anfangs war überdies der Gummi zu streng. Keine Frage: ein Fehlkauf! Also weg damit? Nein! Solange ich diese anziehe, schone ich andere. Das ist ein zugkräftiges Argument. Denn irgendwie muss ich ja meinen Ärger darüber besänftigen, dass ich von diesem Paar nicht loskomme. Hier geht es aber nicht um Sparsamkeit. Sachen, in die von vielen Leuten Energie gesteckt wurde, verdienen Respekt. Was können die Socken dafür, ein Fehlkauf zu sein?

Es ist ja nicht so, dass ich mich mit Neuem nicht anfreunden könnte. Im Gegenteil! Ich habe zuweilen sogar Lust darauf. Jüngster Beweis dafür ist „Postkarten Poesie“ – ein neuer Kurs, der am 15. April in Schorndorf startet. Eine Geschichte verdichten und 20 Karten davon drucken lassen. Nicht Schwelgen in Sprachvirtuosität gibt hier den Ton an, sondern die unschlagbare Kürze mit Pfiff.

 

Geschichten kann man nämlich so und so oder noch ganz anders erzählen. Die von den Socken zum Beispiel könnte in einem Krimi münden. Übersprungshandlung: Statt die Socken zu entsorgen, muss der autoritäre Chef dran glauben, nachdem er mich vor dem gesamten Team ungerecht getadelt hat und mich danach mit einer grünen Götterspeise wieder versöhnen will. Zwei oder drei raffinierte Winkelzüge, und schon ist neben der tropfenden Stichwunde in der Herzgegend auch noch ein wenig Umweltschutz und Lebensmittelchemie untergebracht. Und dann an Tante Frieda schicken, die Götterspeise genauso wenig mag wie ich. Da es eine Postkarte ist, hat die Zustellerin auch noch ihren Spaß damit.

Diese überraschende Vielfalt, die mehrere Texte zum gleichen Thema ans Tageslicht befördern können, ist immer wieder erstaunlich. Das wollen Teilnehmerinnen von „kreativ schreiben“ in einer Lesung am 7.3.18 in Schorndorf der Öffentlichkeit zeigen.

Der Abend beginnt mit einer Buchpremiere. Denn einige Teilnehmerinnen ergriffen die Chance, sich an der Anthologie „365 Tage Liebe“ zu beteiligen. Und das mit Erfolg! Die Autorinnen holen aber weiter aus, berichten über das Geschehen im Kurs und tragen Kostproben vor. Da geht es unter anderem ganz reell um „Mut & Tapferkeit“ oder die Übersetzung von Märchen ins Hier und Jetzt, um Ambivalenz, Berührendes und Überraschendes.

Näheres zu diesen Veranstaltungen ist zu finden unter > http://www.vhs-schorndorf.de/

„365 Tage Liebe“, Hrsg. Rüdiger Heins, erschienen im Wiesenburg Verlag, 2017. Mangels Inhaltsverzeichnis sei hier auf die Beiträge auf den Seiten 150, 158, 168, 242, 299 und 306 verwiesen. Die anderen Texte der Lesung werden in einem Reader zusammengefasst. Für die Veranstaltung ist eine Pause vorgesehen, um lebhaften Gesprächen gebührend Raum zu geben.

Die Spannung zwischen Gewohntem & Bewährtem einerseits und Unbekanntem & Risiko andererseits befeuert kreative Prozesse. Somit kann die Ambivalenz gegenüber missliebigen Socken vom Alltagsgeschehen in die Philosophie entführen. Nicht die Socken verdienen die Aufmerksamkeit, sondern das, was sie in Gang bringen, in Schwung setzen. Somit könnte man Socken, um die man sich keinerlei Gedanken macht, eigentlich eher wegwerfen als die grünen, hässlichen, deren Gummi übrigens inzwischen so ausgeleiert ist, dass sie zu ärgerlichen Falten neigen.

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Aug 11 2016

Flurfunk & Impulse von der Spülmaschine

Autor: . Abgelegt unter Literatur,Sonstiges

„Wenn ich nochmal jung wär …“ Das ist das Titelthema der ZEIT diese Woche. Ich kenne nur die Vorschau, in der es heißt: „Ich sehe was, was du nicht siehst – 25 Prominente erzählen von ihren späten Einsichten, die für Jüngere heute hilfreich sein können.“ Herrje, wieder so ein zeitloses Thema, das man zu jeder Jahreszeit platzieren kann …

Aber ja! Nur her damit! Ich sammle solch zeitlose Themen für meine Kurse! Mit einigen kreativen Gernschreiberinnen traf ich mich gestern zu einer außerordentlichen Sitzung. Wir wollten der Idee, eine öffentliche Lesung zu veranstalten, auf den Grund gehen. Herausgekommen ist jede Menge lockere Plauderei, bei der wir viel gelacht haben. Ja, Gernschreiberinnen lachen meiner Erfahrung nach oft und aus vollem Herzen, sind weder “gestrige” Blaustrümpfe, noch abgehobene TheoretikerInnen! Eines unserer zeitlosen (Plauder-) Themen war „Spülmaschine aus- und einräumen in Partnerschaften“. Das gibt jede Menge her, wie wir feststellten. Und keine Erfahrung ist wie die andere!

Einsichten vermitteln, die überraschen und auch noch unterhaltsam sind, verdient eine gute Note in der professionellen Schriftstellerei. Doch haben natürlich jene Bücher oder Kurzgeschichten die Nase vorn, die ihren LeserInnen großen Freiraum für eigene Phantasien (Projektionen und Schlüsse) lassen.  Nichts ist nervtötender, als felsenfeste Weisheiten haarklein und als unverrückbar serviert zu bekommen. Ähnlich nervtötend ist die abschätzige, aber wenig originelle Schmähung „Wer schreibt, der bleibt“ – nach dem Motto: Ihr habt ja eh nix Lohnendes zu sagen und damit ab in die Mottenkiste der blasierten FaslerInnen und überflüssigen MöchtegerndichterInnen.

Die Jagd nach Geschichten ist groß und alt und kommt nicht aus der Mode. Wer kennt ihn nicht – den „Flurfunk“? Auch da kann man sich bestens unterhalten, manchmal auch gruseln. Sehr lebendig wird es, wenn es um Beziehungen geht. „Hast du schon gehört …“ hat meist kein Haltbarkeitsdatum und ist oft durch keinerlei Gegenrecherche „dingfest“ gemacht. Trotzdem hören wir gerne zu. Wir spinnen Gehörtes auch gerne weiter. Manches regt uns gelegentlich zu neuen Geschichten an, die zu guter Letzt evtl. ganz anders geartet sind – vielleicht mit einer Pointe enden, die so unverwechselbar ist, dass sie sich einprägt.

Der „Flurfunk“ hat es leichter als eine Lesung, sofern er Brisantes verbreitet und Tag für Tag für neue, aufregende Nahrung sorgt. KünstlerInnen der Malerei- und Skulptur-Szene haben es leichter mit ihren „EndverbraucherInnenn“ als GeschichtenschreiberInnen, die das Stillsitzen ihres Publikums erfordern. Skulpturen kann man fotografieren, ein Gemälde mit nach Hause tragen und an die Wand hängen – was tut man mit gehörter Prosa? Richtig! Wem sie gefällt, der fragt, ob er sie gedruckt (oder neuerdings auf CD) erwerben kann. Und weil der Schritt zum Büchlein (ob auf Papier oder auf Scheibe) etliches an Aufwand bedeutet, sammeln wir lieber noch mehr Geschichten, bevor wir uns in das Abenteuer Lesung stürzen. Themen haben wir ja genug. Siehe Spülmaschinen-Twist.

Und was fiele mir zur Weitergabe in punkto „Wenn ich nochmal jung wäre …“ ein? Ich bereue, dass ich nicht Tagebuch geschrieben habe als junge Volontärin bei der Lokalzeitung, denn „die Geschichte hinter der Geschichte“ wäre heute in vielen Fällen ein lesenswertes Zeitzeugnis. Mit der Frische der Jugend festhalten, was einem zu denken gibt, wo Widersprüche klaffen, wo sinnvolle Wendungen zum Greifen nahe sind und wodurch sie letztlich verfehlt werden – es ist nicht mit der Sicht von damals rückholbar. Und inzwischen wirkt das damals Verstörende, Aufschreckende oder Bewunderte sehr viel selbstverständlicher dank jahrelanger Sozialisation in den Furchen des „Erwachsenwerdens“, in den Fängen der fortschreitenden Berufserfahrung oder “Karriere”.

Ansonsten reizt mich das Gedankenspiel, nochmal jung zu sein und andere Verhaltensweisen dafür zu überlegen oder gar zu empfehlen, gar nicht. Weniger unbedarft und dadurch weniger vorlaut zu sein? Gerade das hat es doch gebracht damals! Vielleicht hätte ich während der Schulzeit von meinen Eltern dazu genötigt werden sollen, ein Instrument zu lernen, weil das heute der Nutzung meiner Gehirnhälften dienlich wäre. Aber ob mich das nicht zum Bockigsein gebracht hätte, weiß ich beim besten Willen nicht zu beurteilen, weil ich mich in das Kind von damals nicht mehr hineinversetzen kann. Ich weiß nur, zusätzlicher Unterricht in Mengenlehre (die damals noch nicht üblich war) ging schief, weil ich seine Notwendigkeit nicht einsah und er mir deshalb lästig war. Die Lehrerin bei uns auf dem Dorf bot ihn übrigens gratis an für jene, von denen sie annahm, dass es sich für diese lohne …

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