Mai 02 2016

Von einer Trostliste & vom Schreiben zur Selbstentfaltung

Autor: . Abgelegt unter Literatur

Verkannte Bestseller: Eschbachs Trostliste

Gut vernetzt zu sein hat Vorteile. Einen davon will ich schnell weitergeben: Dank des Autorenbriefes von Autorenhaus.de erfuhr ich von der Liste der „Abgeblitzten“, die Andreas Eschbach veröffentlicht. Er selbst ist Bestseller-Autor und nennt es „Trostliste für Verlagssuchende“ > http://url9.de/Xoz

Dass Harry Potter fast nicht das Licht der großen weiten Welt erblickt hätte, ist inzwischen hinlänglich bekannt, dass es Astrid Lindgren mit ihrer Pippi Langstrumpf 1944 ähnlich erging, ist wahrscheinlich nicht (mehr) im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Auch „Schlafes Bruder“ befindet sich auf der Liste, womit Robert Schneider nach 27 Absagen schließlich internationalen Erfolg einheimste. Auch Stephen King und Literaturnobelpreisträgerin Doris Lessing sind schon mit Manuskripten bei Verlagen abgeblitzt.

Natürlich kann sich niemand, der eine gründliche Überarbeitung seiner Texte scheut, auf diese Trostliste berufen und nur von der Hoffnung allein ausgehen, dass sein Werk schon noch von Erfolg gekrönt wird. Aber zu viele Selbstzweifel sind fehl am Platz. Man kann aber immer dazulernen. Auch hierbei erweist sich der Internetauftritt von Andreas Eschbach als Fundgrube.

Wer das Schreiben als Ausdruckform für sich entdeckt hat, tut gut daran, sich dieser Tätigkeit täglich zu widmen. Alle Schreibratgeber ermuntern dazu und nennen Methoden, wie der „innere Schweinehund“ zu überwinden sei. Es gibt sie natürlich – die „ewigen Ankündiger“. Bei jeder Gelegenheit wiederholen sie die Absicht ein Buch zu schreiben, aber wenn das Gegenüber nachhakt, ist noch kein Strich in der Richtung geschehen, steht kein Gerüst, die Antwort bleibt nebulös.

Mir als Berufsschreiberin fällt es oft schwer, mir Hemmnisse zu vergegenwärtigen, die vom Schreiben abhalten. Bei mir ist der „innere Schweinehund“ höchstens mit dem verbunden, was man in meiner Jugend „Leibesübungen“ nannte und worin ich immer schlechte Noten hatte. Sprich: Körperliche Ertüchtigung – ob nun joggen, Gymnastik oder Ergometer. Inzwischen sprang mich schon mehrfach der Satz an: „Sitzen ist das neue Rauchen!“ Man kann es auch übertreiben mit dem Angstmachen – auch wenn Bewegungsarmut wirklich das Gegenteil von gesund ist. Dennoch: Der Satz zeugt von pfiffiger Kreativität!

Selbstentfaltung: Schreibend Co-Autor des eigenen Lebens werden

Schreiben kann aber auch mit heilender Wirkung verbunden sein und zu neuen Lebensmustern verhelfen. Dies hat Liane Dirks dokumentiert in ihrem Buch „Sich ins Leben schreiben – Der Weg zur Selbstentfaltung“, erschienen 2015 im Kösel-Verlag und absolut empfehlenswert. Auch jene in meinen Schreibkursen, die es sich angeschafft haben, sind davon begeistert.

„Schreibend kann man frei für Neues werden“, steht im Klappentext. Darauf kriegt man auch richtig Lust angesichts der Sprache, die die Seele freundlich streichelt. Die Autorin ist ausgebildete Gesprächstherapeutin und nimmt ihre LeserInnen auf überzeugende Weise mit auf die Reise zum eigenen Selbst, setzt Impulse und hat dieses kreative Konzept sehr gut durchdacht. Man erfährt, wie man sich rüstet („Mut, Vertrauen, Offenheit – die besseren Seiten der Angst“) und welche Rückschläge es geben kann. Allein das lohnt schon die Lektüre, von ihr angestiftet zu werden, ist dann die Krönung! Wie ein vom Veralg veröffentlichtes Feedback anmerkt, ist „ein Quantum Abenteuerlust ist dabei durchaus hilfreich!“ Letztlich steckt Versöhnung zwischen den Zeilen, wenn man sich traut, sich ein wenig zu riskieren.

Liane Dirks. Sich ins Leben schreiben. Der Weg zur Selbstentfaltung. Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 240 Seiten, 19,90 €, ISBN: 978-3-466-34615-8

http://www.randomhouse.de/Buch/Sich-ins-Leben-schreiben/Liane-Dirks/Koesel/e481430.rhd#buchInfo5

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Mrz 10 2016

Die letzte Bettung kann vielfältig sein

Autor: . Abgelegt unter Literatur

Bronikowski kann nichts dafür, dass dieser leise Roman seinen Abschied von der Welt mit schwarzem Humor der Realität geräuschvoll enthebt und zum angeblich großen Auftritt stilisiert. Die Bühne dafür ist so gewählt, als handele es sich um eine Burleske, die Leben und Tod in Einklang bringen möchte. Bis auf diese Szene zum Schluss enthält Kai Weyands Applaus für Bronikowski ungeheuer viel Leichtfüßiges, über das man sich amüsieren kann, während gleichzeitig eine Lanze für das Bestatterwesen gebrochen wird.
Eltern, die sich mit einem Lottogewinn davonstehlen – das ist der Auftakt. Ihr Sohn Nies nennt sich seitdem NC. Das steht für “No Canadian”, und das C werde bitteschön englisch ausgesprochen. Der Junge wächst heran, sucht sein Auskommen, aber nicht unbedingt nach seiner Berufung. Vor allem will er hinter das Geheimnis der Wörter kommen. Da verschlägt es ihn eines Tages zufällig in ein Bestattungsinstitut.

WEITER-lesen >   http://journalismus-und-mehr.com/tipp20.php

Kai Weyand: Applaus für Bronikowski. Roman. Wallstein Verlag, Göttingen 2015. 188 Seiten, 19,90 EUR. ISBN-13: 9783835316041

Es ist derzeit angesagt, sich in der Literatur mit dem Thema “Bestattung” auseinanderzusetzen. Im Januar brachte C. H. Beck “Fragen Sie Ihren Bestatter” heraus. http://www.chbeck.de/Doughty-Fragen-Bestatter/productview.aspx?product=15996487 Untertitel: Lektionen aus dem Krematorium. Sie kommen aus Amerika. Der Autorin kann man auch auf youtube zuhören: https://www.youtube.com/user/OrderoftheGoodDeath

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Feb 20 2016

Ein kleines Buch hat trotz Hindernissen Erfolg – die 2. Auflage von “Namenloser Tod” ist gestartet

Autor: . Abgelegt unter Alltag,Literatur

Sie wird nochmal gegenwärtig: Stefanie Blech, Jahrgang 1982, die am 20.7.2000 einen Cocktail aus Alkohol und Drogen nicht überlebte. „Namenloser Tod“ – mit diesem Buch will ihr Nachbar Siegfried Naujeck, dass sie nicht vergebens gestorben ist. Ohne Zeigefinger vor Sucht zu warnen ist sein Anliegen, und andererseits will er Diskussionen über Grundwerte und „modernes Leben“ schlechthin anstoßen. Der Dortmund Verlag brachte nun im Januar die zweite Auflage mit einem Lektüreschlüssel heraus. Dieser stammt aus meiner Feder und enthält unter anderem neun Fragenblöcke, die die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Aspekten des Stoffes vertiefen mögen.

Nun könnte ich die übliche Inhaltsangabe liefern. Doch das passt an anderen Stellen besser. In diesem Blog will ich ja gelegentlich einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen. Vordringlich ist im Moment, dass das Buch ausschließlich über den Buchhandel erhältlich ist, weil Amazon es seit fünf Wochen nicht schafft, den Titel online zu stellen. Abgesehen davon, dass ich selbst bei den allermeisten Gelegenheiten den örtlichen Buchhandel einer „Fernbeziehung“ vorziehe, sind die Mühen, die es kostet, dass der Verkauf über Amazon funktioniert, erwähnenswert.
Keine Ahnung, woran das liegt. Am Apparat? An einem Eingabefehler, dessen Korrektur anschließend vom System schlichtweg nicht „gefressen“ wird? Stellen Sie sich vor, Sie sind Autor, haben sich eine gefühlte Ewigkeit mit ihrem Buch leidenschaftlich gefordert und geplagt, und erhalten dann von interessierten Menschen mehrfach die Rückmeldung „Amazon meldet ‚derzeit nicht lieferbar‘“.
Es ist nicht das erste Hindernis, das sich für Autor Naujeck mit dem Buch verknüpft.

Hier ein Auszug aus dem Lektüreschlüssel, Kapitel „Rezeption“:
Ausgerechnet die Landesstelle für Suchtfragen in Sachsen-Anhalt nimmt Anstoß an dem Buch. (…) 2009 zog sie eine Parallele zu dem Stern-Bestseller „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“, den sie mit einer „Trivialisierung des Drogenkonsums“ in Zusammenhang bringt. (…) Die Geschichte der Christiane F. vom Berliner Kinderstrich schockierte 1978 Jung und Alt, (…) wurde laut „wikipedia“ Anfang der 80er Jahre „zum meistverkauften Buch in der Bundesrepublik Deutschland, in 15 Sprachen übersetzt“ und „in zahlreichen Schulen“ zur Pflichtlektüre. (…)
2011 musste Naujeck erkennen, dass sein Buch punktuell bei Schulen und Jugendklubs der Negativbewertung zum Opfer fiel (…) und wehrte sich in einem „Offenen Brief“ gegen die unerbetene Einschätzung (…). Denn auch wenn man Texte natürlich unterschiedlich auffassen und auslegen kann – hier war dies von einer öffentlich-rechtlichen Instanz hinter den Kulissen mit weitreichenden Konsequenzen geschehen und deshalb einen kritischen Diskurs wert.
Unter anderem ging es um den Nachahmungseffekt. Wenn dieser so hoch gewichtet würde, dürfe man – so Naujeck – im Unterricht auch nicht „Die Leiden des jungen Werthers“ von Goethe oder die modernisierte Aufbereitung dieses Sehnsuchtsstoffs von Ulrich Plenzdorf (168/70, DDR) im Unterricht durchnehmen. Der offene Brief gibt zu bedenken: „ … woraus lernen wir alle – wenn nicht aus Konflikten, rivalisierenden Gegensätzen, strittigen Werten, Missverständnissen und Widerständen? Offene Diskussionen sind in der Wachsamkeit Suchtverhalten gegenüber förderlich. Eine Bürokratie, die mehr verhindert als Räume öffnet, ist kontraproduktiv.“ ZITAT ENDE
Die Entwicklung des Offenen Briefes habe ich miterlebt, verfolge also die Autorenschaft von Siegfried Naujeck schon einige Jahre. Und als dann der Verlag, bei dem die erste Auflage erschienen war, Insolvenz anmeldete, habe ich mitgeholfen, dass die Geschichte von Stefanie weiterhin auf dem Buchmarkt präsent bleibt. Generell bin ich daran interessiert, dass Wachsamkeit gegenüber Strittigem hoch gehalten wird!
Siegfried Naujeck. Namenloser Tod. 2. überarbeitete Auflage mit Lektüreschlüssel, 2016, 199 Seiten, Dortmund-Verlag, 14,80 €, ISBN 978-3-95960-038-5

https://www.facebook.com/namenlosertod/

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Feb 14 2016

Statt Kuchenwerbung vorm Café

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik,Alltag

Kleiner Gedankenanstoß …

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Jan 05 2016

Jenseits der Willkommenskultur ist es wichtig, Fremdes korrekt benennen

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik,Alltag,Sonstiges

Fremdes löst Vorbehalte aus. Wie ich damals als Tochter eines Dresdners und einer Sudetendeutschen, die ich in Mittelfranken aufwuchs. Ich gehörte zu den wenigen, die in dem 400-Seelen-Dorf hochdeutsch sprachen. Meine Mutter war Hausfrau, Nur-Hausfrau – auch ein seltenes Phänomen im Ort, wo jede helfende Hand auf dem Feld oder im Stall gebraucht wurde. Also war ich „verdächtig“, weil meine Sozialisation von dem Ortsüblichen abwich und ich mich in Einigem von den Kindern in meiner Umgebung unterschied.

Die „Tradition“, zwischen allen Stühlen zu rangieren, setzte sich fort, als ich mehrfach den Wohnort wechselte in einer Zeit, wo Bodenständigkeit noch an der Tagesordnung war. Überall andere Dialekte und Sitten! Ich immer erkennbar als Zugezogene. Als „Spätberufene“ kam ich zum Journalismus und ergatterte ein Volontariat – ganz ohne „Vitamin B“, was schon damals als Rarität galt. Endgültig wurde ich zur Exotin, als ich in den 80ern BTX (Bildschirmtext) für einen Verlag installierte und ausprobierte. Wer was auf sich hielt in der Zunft, schimpfte leise bis leidenschaftlich auf die “Neuen Medien”, für die Geld locker gemacht wurde, das man eigentlich für personelle Verstärkung in den Print-Redaktionen hätte gut gebrauchen können.

Anschließend wurde ich argwöhnisch beäugt, weil ich Lust auf Öffentlichkeitsarbeit hatte und dazu im Gesundheitswesen eine geeignete Anstellung fand. Die Seiten des Schreibtisches wechseln – wer tut denn sowas! Als Freiberuflerin und Ghostwriterin passte ich dann schließlich in gar keine Schublade mehr. KollegInnen zeigten mir häufig die kalte Schulter, weil sie in ihrer Spur geblieben waren und mit meinem beruflichen Diskussionsbeiträgen nichts anzufangen wussten.

Heute sticht ein derart bewegtes Berufsleben nicht mehr ins Auge, immer mehr Menschen können von wesentlich grelleren Berufsabenteuern berichten.  Unsere Gesellschaft ist bunt und wechselfreudig geworden, keiner klebt mehr an der Scholle, Auslandaufenthalte sind schon in der Jugend „normal“, und es sind genügend Zuwanderer gekommen, die von wesentlich schicksalhafteren Wendungen geprägt sind und kulturell eine weite Strecke der Annäherung vor sich haben.

Zuwanderer, Flüchtlinge oder Asylsuchende?

Doch halt – sagt man „Zuwanderer“? Angesichts unterschiedlicher Zuwanderungssequenzen macht mich die Vielfalt möglicher Bezeichnungen unsicher bei der Wortwahl. So bin ich dankbar, dass es ein Glossar gibt, das die „Neuen deutschen Medienmacher“ im Dezember 2015 entwickelten und online stellten. Die „Formulierungshilfen für die Berichterstattung im Einwanderungsland“ müssen meines Erachtens aber nicht JournalistInnen vorbehalten bleiben. Denn sich korrekt auszudrücken verleiht jedem Menschen das Gefühl, „auf der Höhe der Zeit zu sein“. Und es ist gut, wenn JournalistInnen auch hier Orientierungshilfe geben!

Zum Glossar > http://www.neuemedienmacher.de/download/NdM_Glossar_www.pdf

Bilder im Kopf auslösen – Fremdes ist geradezu prädestiniert dazu, sofern die Abwehrhaltung dagegen die Fantasie nicht völlig lähmt. Wenn man die falschen Begriffe hat, können sich auch leicht falsche Bilder einschleichen. Es ist nicht falsch, wenn angesichts der “Karriere zwischen allen Stühlen” Assoziationen aufblitzen wie: “Abstand halten!”, Mißgunst, Bestandssicherung … Genau deshalb ist mir angesichts des Ringens um die richtige Integrationspolitik die Rückschau mit den Anpassungsschwierigkeiten aller Beteiligten eingefallen. Es gibt keine “Moral von der Geschicht'” – doch bin ich davon überzeugt, dass gegenseitiges Zuhören und die richtige Wortwahl es leichter machen, einander zu respektieren oder gar zu verstehen. Ein langer Atem gehört in jedem Fall dazu.

Und das sind die Neuen Medienmacher: http://www.neuemedienmacher.de/

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Nov 29 2015

Viel besser als gute Vorsätze oder nach Goethe: Wer ewig strebend sich bemüht …

Autor: . Abgelegt unter Literatur,Sonstiges

Sich selbst auf intelligente Weise Freiraum zu lassen, ist ein mächtiger Motor. Das schreibt Stephen Guise auf Seite 100 seines Ratgebers „Viel besser als gute Vorsätze: Wie Sie mit Mini-Gewohnheiten Maxi-Erfolge erleben“.* In einer Gesellschaft, in der man ständig nach Verbesserungen trachtet, finden Impuls- und Ratgeber reißenden Absatz. Es gibt da die Fraktion, die Zähl- und Messbares verbessern will, und eine andere, leisere, die nach Erkenntnissen Ausschau hält und offen ist für Intuition.

Der generelle Ansatz von Guise folgt der Weisheit, dass man nicht einen riesigen Berg auf einmal erstürmen kann, sondern ihn klugerweise in kleine Hügel abträgt und dann ein überschaubares Pensum wohl dosiert angeht und auch schafft. Das ist sehr anschaulich beschrieben, je nach Gemüt an manchen Stellen sehr „klein in klein“, auch mit Wiederholungen wird nicht gegeizt. Beate Brandt hat das Buch aus dem Amerikanischen übersetzt, der Autor brachte es in seiner Heimat 2013 im Selbstverlag heraus.

Der eingangs zitierte Satz hallte in mir lange nach. Was ist eine „intelligente Weise“, wer definiert, was mit „intelligent“ gemeint ist, kann ich mir Intelligenz vorgaukeln, um nicht genau hinschauen oder etwas anpacken zu müssen? Wo beginnt Freiraum auszuufern und in Öde zu enden? Jeder kennt vermutlich das Gefühl, nicht mehr zu wissen, was hinten und vorne ist, weshalb man überhaupt etwas zur Priorität erheben soll und warum das Leben trotz guter Vorsätze nicht so läuft, wie es sollte.

So legte ich „Seelenspur“** neben die Philosophie über das Vorwärtskommen durch Mini-Gewohnheiten. „Seelenspur“ ist eine Anthologie, zu der booksun, ein Stuttgarter Verlag, aufgerufen hatte. 80 Teilnehmer beteiligten sich an den Projekt, 41 davon finden sich nun gedruckt wieder in dem gut aufgemachten Band mit dem Untertitel „Wegeweisende Geschichten aus Alltag, Traum und Trance“, herausgegeben von Eva Cäcilia Otth. Verleger Peter Simon Fenkart rät in seinem Vorwort, die Geschichten mit Bedacht zu lesen: „Achten Sie darauf, welche Impulse sie bei Ihnen auslösen. Denn Ihre eigene innere Stimme wirkt mit beider Interpretation.“ Stimmt! Das tut sie bei jeder Begegnung im Alltag, bei jedem Film (ob im Kino oder im Fernsehen) sowie bei jeder Lektüre.

Hier besteht der „intelligente Freiraum“ sicher darin, womit man sich umgibt, womit man sich konfrontiert. Und dann der eigenen Intuition vertrauen zu lernen ist sicher nicht nur ein Fortschritt, sondern auch ein beglückendes Reife-Erlebnis. Obwohl die beiden Bücher völlig konträr anmuten, sind sie empfehlenswert und beißen sich keineswegs, wenn sie nebeneinander im Regal platziert werden.

* Viel besser als gute Vorsätze. Wie Sie mit Mini-Gewohnheiten Maxi-Erfolge erleben. 158 Seiten, Paperback, VAK Verlags GmbH, ISBN 978-386731164-9, € 12,95.
** Seelenspur. 2015, gebunden, 189 Seiten, ISBN 978-3941527157, € 19,95. Das Inhaltsverzeichnis ordnet die AutorInnen ihren Beiträgen leider nicht zu, ihre Kurz-Vita ist – meist mit Foto – unter http://seelenspur.ch/ abrufbar.

Eine aktuelle Empfehlung jenseits der Ratgeberliteratur ist ein Buch über moderne Liebesanbahnung von Ursula März: „Für eine Nacht oder fürs ganze Leben“:
Sich eine „bessere Hälfte“ anzulachen, kann ganz schön anstrengend sein. Warum sich also nicht helfen lassen? Dafür gibt es Agenturen oder Partnerbörsen im Internet. Wenn bei Verabredungen die Chemie stimmt, heißt das jedoch noch lange nicht, dass der ersehnte Funke überspringt beziehungsweise sich eine Verbindung „Für eine Nacht oder fürs ganze Leben“ anbahnt. Von fünf Dates unter dieser Spannung erzählt Ursula März in ihrem Buch mit diesem Titel.
Weiterlesen > http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=21264&p=42c3

Ein Kommentar

Okt 21 2015

Dieter Pfaff – und das spannende Bemühen um die Rechte der Schwächeren

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik

Erinnern Sie sich an Dieter Paff? Ja der, der sich in seinen Rollen – ob als unkonventioneller Psychotherapeut “Bloch“, als Kommissar Sperling oder als Anwalt („Der Dicke“) – immer für die „kleinen Leute“ einsetzte. Er starb im März 2013, doch jeden Dienstag lebt derzeit seine Idee fort, sozial schwachen kriminalisierten Bürgern anwaltlich zu ihrem Recht zu verhelfen. „Die Kanzlei“ heißt die Staffel; die am 8. September startete. Seit gestern beweinen Ehrenbergs Erben „serien-offiziell“ seinen Tod, an dem laut Drehbuch ein Unfall schuld ist.
Dr. Gregor Ehrenberg – so der Name des Anwalts – , der mehr schlecht als recht über die Runden kam, ist also mehr als zwei Jahre nach Pfaffs Tod nicht vergessen. Die Idee zur Sendung war Dieter Pfaffs „künstlerisches Baby“, das von den DarstellerInnen Sabine Postel, Herbert Knaup, Katrin Pollitt und Sophie Dal weiterhin gepflegt und gehegt wird. Über ihre Rollen und deren Entwicklung sprechen sie hier > http://www.ardmediathek.de/tv/Die-Kanzlei/Die-Hauptdarsteller-im-Interview/Das-Erste/Video?documentId=30439558&bcastId=30292384 > Das Interview ist bis zum 8.9.2016 verfügbar, während die homepage von „Der Dicke“ nicht mehr erreichbar ist. (Warum eigentlich? Muss die ARD im Netz Platz sparen?)
Für Schwächere/Hilfsbedürftige sich einzusetzen wird zunehmend schwierig, weil ein heftiger Gegenwind weht. (Vermutlich weil Massenbewegungen ab einer bestimmten Größenordnung so ratlos wie hilflos machen.) Keine Angst, ich öffne hier kein neues Fass zum Thema „Flüchtlinge“. Mich interessiert in erster Linie die Sprache, die in den ungezählten „Fässern“ um mich herum verwendet wird. Wenn ich diese aber kritisiere, wird schon das leicht missverstanden. Es kommt die Entgegnung, dass sich sowieso nur noch wenige Menschen trauen, sich laut zu äußern, weil sie ggf. in die „Nazi-Ecke“ abgefeindet werden.
Wenn ich jetzt milchmädchenmäßig eine Soap zu entwickeln hätte über die ungerecht Behandelten, dann müsste die vermutlich so gehen: Leute mahnen, dass man die Übersicht behalten und sich nicht vor lauter guten Willkommens-Absichten überschlagen sollte. Sie sehen Probleme und zu wenig Thematisierung derselben. Sie werden sofort als „anti“ gestempelt und kommen dadurch nur in einer vorgestanzten Rolle zur Geltung. Wehrlosigkeit lässt sie zu radikaleren Redewendungen greifen, was sie erst recht unter einem Licht erscheinen lässt, das sie nicht anstrebten. Der Strudel kreiselt immer weiter – am extremen Rand skandieren die Aufgebrachten „Lügenpresse“ – und damit ist die Lage verfärbt, weil diese Bezeichnung … Na ja, lassen wir das.
Die Soap würde aufgrund meiner Ungeduld jetzt kippen und in einer Puppenstube fortgesetzt, in der Dieter Pfaff – in welcher Rolle auch immer – mit Winnetou, Otto von Bismarck und Doris Lessing sowie Rosa Parks miteinander diskutieren. Als Assistentin würde ich ihnen Bella Block bzw. Hannelore Hoger an die Seite stellen, die je nach Bedarf die Rollen wechseln dürfte. Auf der Reservebank säßen Prof. Dr. Luise F. Pusch (seriöse Wissenschaftlerin und mit Sprache auf perfektem Fuß) und die junge Sophie Dal, die als Sekretärin in „Die Kanzlei“ in mehrerlei Hinsicht einfach unschlagbar ist und bestimmt auch hier eine positive Ausstrahlung hat. Geliebäugelt hatte ich noch mit Michail Gorbatschov, dessen Entwicklung mir aber die letzten Jahre schleierhaft geblieben ist. Ob eine Existentialistin wie Simone de Beauvoir sich unter dem Brennglas in der Puppenstube gut machen würde, will ich mir in den nächsten Tagen überlegen. Jede/r kann an Besetzung und Thema weiterspinnen.
Zum Thema „Weiterspinnen“
eignet sich übrigens noch eine Meldung aus der Huffington Post Deutschland (aus dem Hause Burda):

Was dieser Bürgermeister mit Flüchtlingen macht, überrascht alle

http://www.huffingtonpost.de/2015/10/20/was-dieser-burgermeister-mit-fluchtlingen-macht-uberrascht-alle_n_8339070.html?ncid=fcbklnkdehpmg00000002 – Die Geschichte wird sich bestimmt in mehreren Medien fortpflanzen und (hoffentlich!) noch auf ihren harten Kern hin geprüft, aber als Impulsgeber ist sie es schon jetzt wert, gepostet zu werden.

Wir alle – ja, auch ich bin „das Volk“, hihihihihi – lechzen nach AusnahmepolitikerInnen. Dass nun ausgerechnet der Oberbürgermeister jener Stadt dazu zählt, in der ich meine journalistische Laufbahn begann, könnte Anlass für eine weitere Geschichte in diesem Blog sein. Denn Geschichten hinter den offiziellen Geschichten gibt es genug. Nur „Lügenpresse“ – darauf sollten sich bitte alle verständigen – sollte weder als Thema ernsthaft erwogen noch als Schimpfwort gebraucht werden!

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Sep 02 2015

Film: Eine Lanze für Hochsensible

Autor: . Abgelegt unter Alltag

Interview >> In ihrem Dokumentarfilm „High Skills“ lenkt Mona Suzann Pfeil, Künstlerin und Businessberaterin, das Augenmerk auf die Stärken Hochsensibler. Sie ist fest davon überzeugt, dass von deren Entfaltung die Unternehmen profitieren. Mit ihrer Vision eines Highly Sensitive Business will sie Verantwortliche in der Wirtschaft dafür gewinnen, sich mit einem neuen Leitbild neue Chancen zu erschließen. Fragen und Antworten zu einem weithin verkanntem Persönlichkeits- und Qualifikationsmerkmal:

Renate Schauer: Warum brechen Sie für Hochsensible eine Lanze?
Mona Suzann Pfeil (Pfeil): Sie leben unter uns mit teilweise unentdeckten Potenzialen! Hochsensibilität ist ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal wie das Temperament oder die Körpergröße. Niemand kann beschließen: Ich will hochsensibel sein oder – umgekehrt – ich will meine Sensibilität reduzieren. Da sich ein hochsensibler Mensch von Anderen unterscheidet, muss er mit seiner Prägung zurechtkommen. Auch die Menschen in seinem Umfeld merken, dass er anders ist.
Steht ihm das Anderssein im Weg oder eröffnet es Chancen?
Pfeil: Wie bei jedem Menschen ist es wichtig, dass ein hochsensibler am richtigen Platz wirken kann. Das beginnt schon in der Kindheit. Je früher die Hochsensibilität und die daraus resultierenden Stärken erkannt werden, desto eher und besser kann das Kind gefördert werden. (…)
Gibt es Frustrationen?
Pfeil: Ja, wie in jedem Leben. Doch wenn sie vor allem mit dem Anderssein zu tun haben, drängt das ziemlich in die Defensive. Das führt dazu, dass die Stärken der Hochsensibilität nicht nutzbar werden. Die oder der Betroffene versteckt die sensible Seite, kann sie nicht zum Vorteil für Arbeit und Wirken entwickeln.
Wie erkennt man Hochsensibilität?
Pfeil: Hochsensibilität hat verschiedene Ausprägungen. Alle Hochsensible eint jedoch, dass sie viel intensiver auf die Reize ihrer Umwelt reagieren. Sie haben sehr feine Antennen und registrieren schon kleinste Impulse. Ihr Hirn arbeitet oft wie eine Turbomaschine im Dauerbetrieb. Beim einen führt das zu großer Empathie, den anderen befähigt dies zum Spezialistentum auf einem bestimmten Gebiet. In meinem Film erzählen Hochsensible und Hochbegabte, wie sie mit ihren Talenten zu dem wurden, was sie heute sind. (…)
Feine Antennen machen empfindsam ...

Pfeil: Das stimmt! Es nährt das Vorurteil, Hochsensible seien überempfindlich, rasch überstrapaziert, nicht belastbar. Abfällig heißt es vielleicht: „Die hören das Gras wachsen“, aber sie sind es dann eben auch, die früher als Andere Fehlentwicklungen wittern und Störungen benennen können.
Sie sind die geborenen Seismografen?
Pfeil: Das ist eine der Stärken von Hochsensiblen. Oft zeichnen sie sich als Vor- und Querdenker aus, machen als Forscher und Entwickler Karriere oder überzeugen als Berater mit Weitblick. Somit fallen sie auf in unserer Gesellschaft. Ihre Lebensläufe weichen ab von denen der meisten Menschen, das verunsichert Nicht-Hochsensible oft. (…)
Welche Vorteile hat Hochsensibilität für die Gesellschaft und die Wirtschaft?
Pfeil: Mit ihren Fähigkeiten können Hochsensible die Wirtschaft zukunftssicherer machen. Ein Unternehmen sollte sich solche Talente leisten wollen und sie halten.
Nennen Sie ein Beispiel aus Ihrer Praxis als Business-Trainerin und Beraterin!
Pfeil: Klären wir zuerst: was heißt zukunftssicher? Darunter versteht jeder etwas anderes. Für mich hat es viel mit nachhaltiger Rentabilität zu tun: an den Bedürfnissen des Marktes orientiert bleiben und sich keine Sünden gegen Personen oder Umwelt erlauben. Nicht in Verruf geraten und infolgedessen Pleite gehen – weil Kunden ausbleiben oder sich abwenden oder weil gute Mitarbeiter abwandern. Auch Nicht-Hochsensiblen ist es heute wichtig, sich mit Arbeitgeber oder Geschäftspartner identifizieren zu können. Kleinigkeiten können heute ganz schnell einen Shit Storm im Internet auslösen. Die Wirkung nach außen ist wichtiger denn je, Qualität und ein guter Ruf machen attraktiv. Das Ansehen eines Unternehmens wird nach Bewertungen im Internet beurteilt, Bewerber suchen sich ihre zukünftigen Arbeitgeber danach aus. Hochsensible Mitarbeiter beispielsweise als Leitbild-Entwickler und Unternehmensethik-Controller oder als Community Manager eingesetzt, können eine Unternehmenskultur der Achtsamkeit und des Respekts sowie eine nachhaltige Social Media Arbeit hervorbringen – beste Voraussetzungen für Zukunftssicherheit.
Wozu möchten Sie Betroffene ermutigen?
Pfeil: Im Film kommen Menschen zu Wort, die sich Bedingungen geschaffen oder erkämpft haben, die ihnen zuträglich waren. Da ist die Frau, die im Großraumbüro viel zu viel Energie aufwenden musste, um den Geräuschpegel weg zu filtern. Sie konnte ihre Arbeitsqualität und ihr Arbeitsquantum steigern, nachdem sie einen ruhigeren Platz eingefordert hatte. Oder die ehemalige Mini-Joberin, die heute Geschäftsführerin ist.
Könnten das Vorbilder sein?
Pfeil: Jeder sollte sich nach seinen Ambitionen und Bedürfnissen fragen. Viele Hochsensible haben mehr als nur ein oder zwei Begabungen und können sich oft zwischen diesen nicht entscheiden. Sie sollten alle ihre Facetten ernst nehmen und nach dem geeigneten Job und Arbeitsumfeld Ausschau halten, wo möglichst viele ihrer Talente zur Geltung kommen können. Genau darin sind erfolgreiche Hochsensible vorbildlich: Aktiv beeinflussen sie die Rahmenbedingungen für ihre Arbeit und ihr Wirken. Eine Orchidee gedeiht mit anderer Pflege als Efeu oder ein Rosenstrauch.

Versuchen viele, ihre Hochsensibilität zu verstecken?
Pfeil: Wenn Fähigkeiten keine Wertschätzung erfahren, wirkt das wie eine Zurückweisung. Es behindert die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls. Und begabte Menschen zweifeln sowieso leicht an sich selbst, stellen ihre Denk- und Lösungsansätze in Frage.
Selbstkritisch mit hohem Anspruch an sich selbst?
Pfeil: Wer hochsensibel oder besonders begabt ist, hat nicht automatisch ein leichteres Leben. Hochsensibilität und Hochbegabung bedeutet auch nicht, auf allen Gebieten schlau zu sein. Nicht selten haben diese Menschen mehrere Talente und sind fest überzeugt, nichts wirklich gut zu können. Hinzu kommt, dass unsere Gesellschaft leider nicht nur auf das Gängige und Durchschnittliche „geeicht“ ist, sondern sie pflegt auch ein defizitäres Denken. Das heißt, die Aufmerksamkeit ruht mehr auf den Schwächen als auf den Stärken. Der Hirnforscher Dr. Manfred Spitzer bringt das im Film auf den Punkt und nennt es eine „gigantische Demotivationskampagne“, die Menschen ständig mit ihren Schwächen zu triezen. Ein selbstkritischer Mensch muss also viel Energie aufwenden, um sich mit seinen Besonderheiten ins rechte Licht zu stellen.
Wer kann die Hürden abbauen?
Pfeil: Jeder. Vorurteile gehören auf den Prüfstand. Zum Beispiel ist das Etikett „ÜBER-Empfindlichkeit“ falsch. Es zeugt von einer Art Abwehr-Pathologisierung, die auf Vergleichen mit imaginären Normwerten beruht. Viel sinnvoller ist es, die besonders hohe Wahrnehmungs-Begabung als das zu sehen, was sie ist: ein äußerst positives Qualifikationsmerkmal, dessen Nutzen man nicht mehr missen möchte, hat man ihn erst erkannt. (…)

Leicht gekürzte Fassung des Interviews.

Das vollständige Interview ist hier nachzulesen: http://www.monasuzannpfeil.de/files/7214/2800/7832/Interview-Pfeil-Benefit-Hochsensibilitaet.pdf
Direkt zu Mona Suzann Pfeil > www.MonaSuzannPfeil.de

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Aug 09 2015

Wider den akademischen Dünkel!

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik

„Sie können stolz sein auf das, was Sie geschafft haben. Aber Sie können nicht mit allen darüber reden. Denn die, die das Gleiche auf geradem Weg erreicht haben, würden Ihre Leistung nie einschätzen, geschweige denn würdigen können …“ Es war Mitte der 80er Jahre, als mich eine Professorin in Berlin für das Thema sensibilisierte, das Holger Zschäpitz heute in der „Welt am Sonntag“ unter der Überschrift „Elite kann man kaum lernen“ im Interview mit Soziologieprofessor Michael Hartmann erörtert > http://url9.de/WHq
Das Thema hat Konjunktur, seit Marco Maurer 2013 in der ZEIT eine Titelgeschichte darüber schrieb. „Ich Arbeiterkind“ bekannte er – und dröselte inzwischen die Misere unserer Bildungsungerechtigkeit in seinem Buch „DU BLEIBST WAS DU BIST“ auf (Droemer 2015). Es schildert die Hindernisse von jenen, die über die Ebene ihrer Eltern hinauswachsen wollen. Früher sprach man vom „Stallgeruch“, der einem anhafte, egal, in welche Positionen und zu welchen Weihen man zu gelangen versuchte oder gar gelangt war.
Aber schon das Wort „Stallgeruch“ klingt nicht gerade nach Akademikerhaushalt. Wird man in so einen hineingeboren, ist es eher die Ausnahme, sich für einen Handwerksberuf zu entscheiden. Aber warum ist bei uns das Handwerk nicht so hoch angesehen wie Berufe, für die ein Studium unabdingbar ist? In der Schweiz ist es „völlig in Ordnung“, wenn Kinder von Professoren einer Lehre den Vorzug vorm Gymnasium geben. In Deutschland grassiert akademischer Dünkel.
Dieser hat auch in den Medien immer mehr Raum gegriffen. Die entsprechende Weltsicht ist dann eben wieder nur mit Ihresgleichen kompatibel und deckt andere Perspektiven nur mangelhaft (gelegentlich „von oben herab“) ab. Ein wichtiger Hinweis vielleicht für jene, die um die Zukunft des Journalismus fürchten, von dem Marco Maurer schreibt, dass man sich ihn leisten können muss. Damit trifft er den Nagel auf den Kopf, denn die Verdienstmöglichkeiten sind in diesem Beruf höchst unterschiedlich verteilt, und das Mithaltenkönnen hängt wiederum von der „Polsterung“ durch die Herkunftsfamilie ab.
Doch wir leisten uns nicht zuletzt auch in der Medizin Akademiker, die auf Leute eingehen müssen, von deren Hintergrund und Bezugssystemen sie null Ahnung haben. Wie soll da Verständigung oder Heilung gelingen? Stormlinienförmiges Karrieredenken schmälert die Wahrnehmungs- und Kommunikationspraxis! Wer sich aufs Vorwärtskommen konzentriert, kann mit seinen Antennen nicht in anderen Mileus unterwegs sein und so seinen Horizont verbreitern. Horizonterweiterung – nur zielgerichtet, alles andere wäre “Zeitverschwendung”.
Auf seiner Homepage stellt Marco Maurer Prominente vor, die es trotz „bildungsfernem Hintergrund“ an die Spitze geschafft haben > http://www.marcomaurer.de/an-die-spitze-gekampft/ Unter anderem Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Bahn-Chef Rüdiger Grube, Psychologie-Professorin Elsbeth Stern. Übereinstimmend das Credo, dass es schwer war. Dies liegt nicht an individuellen Gegebenheiten, sondern gesellschaftlichen Strukturen, wie Maurer in seinem Buch anschaulich belegt. Es zeigt auch Ansätze auf, die Besseres ermöglichen. Gewünscht hätte ich mir noch ein Glossar, das diese Ansätze oder Quellen darüber konzentriert auflistet.

Marco Maurer. Du bleibst was du bist. Warum bei uns immer noch die soziale Herkunft entscheidet. 381 Seiten, Droemer, 2015,18 €. http://www.dubleibstwasdubist.de/ Hier gibt der Autor über das Buch in einem Video Auskunft.

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Aug 06 2015

Intermezzo > Hitze, Nachbars Garten & Co.

Autor: . Abgelegt unter Alltag

35 ° C nach 21 Uhr im Arbeitszimmer – in Florida würde die Klimaanlage kühlen, in Deutschland gibt so etwas selten in Wohngebäuden. Vom Sommer hingestreckt zu werden, ist kostbar hierzulande. Man kann dies nicht zuverlässig erwarten. Es kommt auch kaum jemandem gelegen. Komisch! Erst lässt der Sommer auf sich warten, dann nimmt er einen missglückten Auftakt, weil nicht nur nachts Regen fällt – und dann erlaubt das Klima sich auch noch schwindelerregende Temperaturen.

Es ist jedes Jahr das Gleiche: kaum bremst die sogenannte Hitze die Vitalität (etwas) aus, setzt das große Bedauern ein. Dieses Funktionierenmüssen ist aber auch im Winter auffällig: Kann das Auto nur langsam und mit Risiko über glatte Straßen schleichen (man kommt ggf. zu spät!), wird das als unbillige Härte identifiziert. Taut es wochenlang nicht, ist dieses Schicksal mit Eiskratzen und Gehsteig/Straße streuen beklagenswert. Alles zehrt Energie, die man gerne anderweitig eingesetzt hätte. Gibt es dann endlich mildere Temperaturen, dann schimpft man über Matsch und Dreckspitzer …

Die Kirschen in Nachbarsgarten sind immer süßer als die eigenen. Schon Peter Alexander hat das besungen. Die Ziege, festgebunden an einem Pflock, zerrt am Strick, weil auf dem Grundstück nebenan das würzigere Gras wächst. Kommt jetzt der Einwand: „Alles Allgemeingut und nicht vieler Worte wert …“??

Anscheinend nicht gut genug bedachtes Allgemeingut! Sonst würde man sich doch vor jedem Jammern fragen: Wäre jetzt das Gegenteil besser? Warum kann ich nicht genießen oder mich wenigstens anpassen? Habe ich verlernt, mich einzulassen? Muss ich alle Gegebenheiten unter Kontrolle haben und woran wachse ich dann? Ist das Wetter nur ein willkommenes Ersatzthema, weil ich grundsätzlich zum Hadern neige?

Ich lasse das mal so offen stehen. Das ist dem Thema angemessen.

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