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Jul 31 2024

Gemeinnütziger Journalismus: Anerkennung wächst!

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik

Nicht gewinnorientierte Medien arbeiten anders als jene, die sich über Anzeigenkunden finanzieren und stets auf LeserInnenquoten schielen müssen. Deshalb wünschen sie sich Rechtssicherheit. Dazu hat Kulturstaatsministerin Claudia Roth am 29.7.2024 eine Petition mit mehr als 50.000 Unterschriften entgegengenommen. Hier Zitate aus der Pressemitteilung vom Forum Gemeinnütziger Journalismus:

David Schraven (Vorstand Forum Gemeinnütziger Journalismus): “Mehr als ein Jahrzehnt gemeinsamer Kampf zahlt sich aus, gemeinnütziger Journalismus wird grundsätzlich anerkannt! Ein wichtiger erster Schritt. Für den Erhalt der Demokratie ist das notwendig wie nie. Wo weder der Markt noch die öffentlich-rechtlichen Sender funktionierende Qualitätsangebote schaffen, kann gemeinnütziger Journalismus für demokratische Aufklärung sorgen. In den kommenden Jahren folgt sicher eine gesetzliche Regelung.”

Anne Webert (Deutscher Journalisten-Verband, DJV): „Dass das Bundeskabinett gegenüber den Finanzämtern grünes Licht für die Anerkennung des gemeinnützigen Journalismus gegeben hat, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber ein solcher Beschluss kann auch wieder zurückgenommen werden. Deshalb brauchen wir ein Gesetz. Nicht mehr und nicht weniger.“

Susanne Stiefel (KONTEXT:Wochenzeitung): „Journalismus als Daseinsvorsorge – das hätten die Landräte in der Metropolregion Stuttgart auch gerne. Stattdessen leere Pressebänke. Darüber haben sie sich beim Monopolblatt beklagt, und niemand hätte davon erfahren. Wenn es nicht die Kontext:Wochenzeitung gäbe. Als einziges Medium hat sie darüber berichtet. Das zeigt, wie wichtig Gemeinnützige sind. Sie schließen Lücken in der regionalen und lokalen Berichterstattung, die die Verlegerpresse (und auch die öffentlich-rechtlichen Anstalten) sträflich vernachlässigen. Kontext macht das seit 13 Jahren. Wir wollen andere motivieren, auch aktiv zu werden. Deshalb muss Non-Profit-Journalismus gemeinnützig werden. Ein erster Schritt ist jetzt getan.”

Hintergrund:

Die Petition war am 14. Mai 2024 vom “Forum Gemeinnütziger Journalismus” gestartet worden, einem Zusammenschluss von lokalen und nationalen Medien sowie Verbinden und Stiftungen. Der Anlass der Petition war die überraschende Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Anti-Fake-News-Blogs “Der Volksverpetzer”. Seitdem wächst die Sorge, dass auch weitere gemeinnützig arbeitende Medienhäuser ihre Gemeinnützigkeit verlieren könnten.

Bislang agieren gemeinnützige Medien in Deutschland in einer Grauzone. Sie sind auf das Wohlwollen von Finanzbehörden angewiesen, da Journalismus in der Abgabenordnung nicht unter den steuerlich begünstigten Zwecken aufgeführt wird. Ihre Gemeinnützigkeit erlangen sie über andere Zwecke. Die Regierung will nun eine untergesetzliche Regelung vornehmen. Das heißt: Es wird vorerst keine gesetzliche Änderungen der Abgabenordnung geben.

Dafür gibt es einen sog. Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums, der nicht-gewinnorientieren Journalismus unter dem Zweck „Volksbildung“ führt. In der Praxis führe das dazu, dass nicht-gewinnorientierter Journalismus als gemeinnützig anzuerkennen sei. Das Forum Gemeinnütziger Journalismus wertet dies als Zwischenerfolg, wird sich aber weiter für die Aufnahme des Journalismus in die Abgabenordnung einsetzen.

Nächster Adressat sind daher jetzt die zuständigen Bundestagsabgeordneten der Regierungskoalition. Denn die Abgabenordnung kann mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz (Jahressteuergesetz) geändert werden.

Dieses wird aller Voraussicht nach im Herbst in den Bundestag eingebracht.

### In diesem Blog werden normalerweise keine Pressemitteilungen berücksichtigt. Die heutige Ausnahme basiert darauf, dass es eine meiner Herzensangelegenheiten ist, wieder mehr Unabhängigkeit, Vielfalt und größere Sorgfalt in der Branche zu verankern, die demokratiefördernd die Mündigkeit der Leserinnen und Leser stärkt. Erfreulich, wenn die Kulturstaatsministerin dies unterstützt!

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Jan 19 2017

Vom Eiferertum und der Informationsauswahl, für die laut Thomas Kliche jede/r selbst verantwortlich ist

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik

Deutschland arbeitet sich ab am gewählten US-Präsidenten. Politische Beobachtung und Einschätzung sind wichtig. Aber hier ist nicht nur Eifer im Spiel, sondern es schwingt Eiferertum zwischen den Zeilen mit. Wovon zeugt das?

Wenige Tage vor Amtsantritt dieses US-Präsidenten sagt der scheidende deutsche Präsident Gauck in seiner Abschiedsrede „Demokratie ist kein politisches Versandhaus“. https://goo.gl/GqZhZI (1) Was mich natürlich sofort daran erinnert, dass bei fast jeder Debatte um journalistische Sorgfaltspflicht und Qualitätssicherung danach gefragt wird, wie Hol- und die Bringschuld verteilt sind. Ist es an der Zeit, diese Frage auch in der Politik zu diskutieren?

Um in dem Bild zu bleiben: im Versandhaus bestellt der Endverbraucher, was man haben will. Das Management kann durch Werbung Bedarf wachkitzeln, neue Produkte einführen und so mit der Zeit Schritt halten. Es wird aber immer nur das im Sortiment haben, das sich rentiert. Anders als die Medien. Sie müssen mehr tun, als das Erwartete zu liefern. Sie halten möglichst umfangreich vor, was passiert, fassen zusammen, gewichten, erklären und kommentieren. Das Sortiment an Vorkommnissen ist unkalkulierbar. Im Journalismus sind die Speicher immer übervoll.

Die Fülle in der Politik ist ebenfalls kaum übersehbar. Lobbyisten bedrängen sowohl Politiker als auch Journalisten. Ihr Fachwissen ist willkommen, ihr Drängen auf Einfluss muss uns „Politikkunden“ in dauerhaftes Misstrauen bugsieren. (siehe dazu > A) Aufgabe der Politik ist, nicht nur die Musik zu spielen, die bestellt wird. Antennen, die über den Tellerrand hinaus ragen, sind oft schwierig zu vermitteln, ungeliebt, aber unverzichtbar. Unabhängigkeit zu beweisen ist mag schwierig, darf aber nicht unmöglich sein. Das gilt auch für die Verpflichtung, laufend Transparenz herzustellen.

Politik- und Medienkunden stehen diesen Prozessen gegenüber und haben die Qual der Wahl. Denn Dunstkreise trennen sich ab. Die Macht tritt nicht einheitlich auf, auch wenn alles Gesagte oft wie ein Einheitsbrei wirken mag. Wie sich informieren? Einige markige Worte dazu möchte ich empfehlen. Sie sind dem Interview zu entnehmen, das Neon (Stern) mit dem Politikpsychologen Thomas Kliche führte: “Jeder hat eine Verantwortung für den Scheiß, den er liest!” Er ging auf die Entwicklung ein, dass ein Medienmix die Basis ist, aus der sich die Rezipienten ihre Informationen herauspicken. goo.gl/mIehw9 (2) Hierzu würde ich gerne noch mehr Theorien/Ansichten lesen!

Obwohl ich in der Regel für “nah ran” plädiere, kann ich vor diesem Hintergrund nicht empfehlen, die Rede des AfD-Funktionärs Björn Höcke am 17.1.17 in Dresden nachzuhören, auch wenn Sascha Lobo viele Links dazu in seiner Kolmne bei Spiegel-Online setzt. https://goo.gl/58fbLe (3) Man dreht auch hier zum x-ten Mal am altbekannten Rad – sowohl Lobo als auch Höcke. Und warum soll man sich die Zeit mit Sätzen totschlagen wie: „Wir müssen nichts weniger als Geschichte schreiben, wenn es für uns Deutsche und für uns Europäer noch eine Zukunft geben soll. Wir können Geschichte schreiben, tun wir es.“ (Höcke) Den Widerkäuern etwas Neues entgegensetzen hilft m. E. mehr, als das Widergekäute ständig zu betrachten und zu bekritteln. Ladenhüter mögen sich kurzfristig gut verkaufen, aber die Zukunft haben sie nicht gepachtet.

Und dass Politik kein Versandhaus mit herkömmlichen Kundenservice ist, sondern von unserem Input lebt sowie hinaus gehende Visionen zur Zukunftsgestaltung prüfen muss, kann man nicht oft genug in Erinnerung rufen. Es ist nicht damit getan, Politik zu delegieren und dann allenfalls ihre Defizite zu monieren. Vielleicht sollten dazu noch mehr Menschen das Buch „Das hohe Haus“ von Roger Willemsen lesen (S. Fischer Verlag – siehe dazu > B). Dabei befällt einen sehr leicht das Verlangen, den VolksvertreterInnen substanziell beizustehen. Wer dabei noch an „Geschichte schreiben“ denkt, ist nicht ausgelastet, hat sich nicht tief genug eingelassen auf die vielfältige Materie. Er bleibt wohl anfällig für das anfänglich erwähnte Eiferertum.

A > Die Lobbyarbeit zu kontrollieren hat sich www.lobbycontrol.de vorgenommen, eine Initiative für Transparenz und Demokratie e.V. – Interessenten können deren aufschlussreichen Newsletter beziehen!

B > »Man denkt, alle Welt schaut auf dieses Haus. Und dann findet man so viel Unbeobachtetes.« Roger Willemsen (1955 – 2016) Das Hohe Haus. Ein Jahr im Parlament. ISBN: 978-3-10-092109-3, € 19,99 – Aus dem Klappentext: Ein Jahr lang sitzt Roger Willemsen im Deutschen Bundestag – nicht als Abgeordneter, sondern als ganz normaler Zuhörer auf der Besuchertribüne im Berliner Reichstag. Es ist ein Versuch, wie er noch nicht unternommen wurde: Das gesamte Jahr 2013 verfolgt er in jeder einzelnen Sitzungswoche, kein Thema ist ihm zu abgelegen, keine Stunde zu spät.

1 > http://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/gaucks-letzte-rede-als-bundespraesident-der-mutmacher-nimmt-abschied/19271376.html /1.17

2 > http://www.stern.de/neon/wie-dem-postfaktischen-begegnen–thomas-kliche-im-interview-7279744.html / 17.1.17

3 > http://www.spiegel.de/netzwelt/web/bjoern-hoecke-rede-offenbart-gesinnung-kolumne-von-sascha-lobo-a- html#spRedirectedFrom=www&referrrer=http://m.facebook.com /18.1.17

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Apr 04 2011

Danke taz! Unbedingt lesen!

Autor: . Abgelegt unter Alltag

Immer wieder geht es hier in diesem Blog um die Glaubwürdigkeit der Medien und damit die Zukunft der Demokratie. Die jüngste Recherche zur Trennung von Redaktion und Werbung ist der taz zu verdanken >http://bit.ly/egav2c

Unbedingt zur Kenntnis nehmen und die eigenen Erwartungen an die Medien auf den Prüfstand heben!

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