Mai 03 2012
Wer arbeitet noch am richtigen Platz und mit angemessenen Methoden?
Nahezu Vollbeschäftigung in Baden-Württemberg – so wird eine Arbeitslosenquote von aktuell ca. vier Prozent gerne interpretiert. Doch wir dürfen sicher sein, dass aus dieser Statistik einiges heraus- und damit schöngerechnet ist.
Die Verschwendung von Arbeitskraftpotential findet in Deutschland seit Jahrzehnten statt! Nehmen wir doch nur das Stichwort „Mobbing“. Erst am 16.4.2012 machte der SPIEGEL damit als Titel auf. Es hat sich kaum etwas geändert seit meinem Buch über „Mobbig – kostspielige Kränkungen am Arbeitplatz“ (1998, Universum Verlag). Nach wie vor geht man dem Übel nicht an die Wurzel, Chefs dürfen schwach und führungsunfähig sein. Daran hat auch die Mode, Abläufe zertifizieren zu lassen, nix geändert. Bei Überlastung oder Fehlbesetzung, Disorganisation oder Motivationstief hilft es in der Regel nicht, sich irgendwelchen Managementmustern zu verpflichten, solange diese Mängel nicht behoben werden.
Vielleicht beispielgebend: Über Tugenden im Öffentlichen Dienst hat sich Christoph Bartmann, Leiter des New Yorker Goethe-Instituts in seinem jüngsten Buch über „Leben im Büro. Die schöne neue Welt der Angestellten“ (Hanser Verlag) Gedanken gemacht. Er plädiert für „mehr Sachlichkeit und mehr Seriosität in unseren Büros“. Seine Haltung entdeckt ein Interview des Deutschlandradios, nachzulesen unter http://bit.ly/yLwocG >> „Das Management ist sklerotisch geworden“. „Sonntag aktuell“ zitiert Bartmann (geb. 1955 in Bad Mergentheim) am 15.4.2012: „Ich rufe auf zum Protest. Eine Occupy-Bewegung für die Schreibtische und Flure dieser Welt!“
Die Betrachtungen der Arbeitswelt dürfen nicht außer acht lassen, dass viele Menschen das arbeiten müssen, wozu sie weder geschaffen noch ausgebildet sind. Dass viele Begabungen und Ausbildungen nicht genutzt werden, weil jeder holzschnittartig auf seinem Speziellen besteht. Besonders für junge Leute ist das schlimm.
An Fachkräftemangel glaube ich nicht. Es fehlen Mut und Geduld, Menschen einzuarbeiten, die nicht auf Anhieb haargenau ins Schlüsselloch passen. Dies alles betrachte ich als Verschwendung von wertvollem Potential. Dazu passt der Satz, den beliebig abzuwandeln ich empfehle: >>Ein Mensch von hohen, seltenen Geistesgaben, genötigt, einem bloß nützlichen Geschäft, dem der Gewöhnlichste gewachsen wäre, obzuliegen, gleicht einer köstlichen, mit schönster Malerei geschmückten Vase, die als Kochtopf verbraucht wird.<< aus Irvin D. Yalom. Die Schopenhauer-Kur. Roman.