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Feb 23 2013

Blutleer: gebildet, aber ohne Lebenserfahrung

Autor: . Abgelegt unter Alltag

Wut warmhalten + abrufen. Gut, Gerhard! http://www.kontextwochenzeitung.de/newsartikel/2013/02/zeit-fuer-zorn/ … So lautet mein 980. Tweet. Ja, Sie finden mich auf Twitter, und auch dort beschäftige ich mich hauptsächlich mit Medien, deren Echo und Qualität. Die Kontextwochenzeitung habe ich in diesem Blog schon vor einiger Zeit vorgestellt. Der Hinweis jetzt bezieht sich auf ein Interview mit dem Mediensekretär Gerhard Manthey im Verdi-Fachbereich Medien, Kunst und Industrie.

Da dieser Tage das Jahrbuch für Journalisten 2013* erschien, befasse ich mich gerade verstärkt mit Trends in der Print-Branche. Die medialen Entwicklungen sind vielerorts lange Zeit fehlinterpretiert worden, mit der Konsequenz, dass am falschen Ende gespart und nicht clever genug querfinanziert wurde. In einem breiten Korridor herrscht Konsens darüber, was zu beklagen ist, aber änderbar wäre.

Neben den Rahmenbedingungen gibt auch noch eine Art „Binnenverfasstheit“ von JournalistInnen, die ebenfalls zu Buche schlägt. Das greifen Gerhard Manthey und seine Gesprächspartner in kontext unter dem Stichwort „Haltung“ auf. Seit Jahrzehnten wird dem Gros der Journalisten nachgesagt, sie seien reformrestistent, auf Rituale eingeschworen und nur von mäßiger Berufsleidenschaft beseelt, wenn sie erst mal fest im Sattel sitzen. Nicht nur, dass sie es vornehmlich mit den Eliten pflegen, nein – sie lassen auch jene in ihren Reihen abblitzen, denen nicht der astreine „Stallgeruch“ anhaftet. Früher, als es noch mehr Quereinsteiger gab, war das nicht so drastisch. Doch in gewissen Abständen habe ich es immer wieder in Gremien erlebt.

Erfahrungen anderswo bereichern das Recherchevermögen

Seit 1980 festigt sich meine (idealistische!) Meinung, dass man erst Journalist werden sollte, nachdem man schon in einem anderen Metier dem Wind um die Nase standgehalten hatte. Es klingt vertraut, wenn Manthey sagt: „Wir haben Menschen, die eine tolle Bildung haben, aber die noch nichts erlebt haben. Und die, die nichts erlebt haben, werden losgelassen, zu sammeln, zu sichten, zu ordnen. Dem Anspruch werden sie eigentlich nicht gerecht. Es sei denn, sie würden sich täglich gemeinsam drum bemühen. Aber sie haben die Zeit nicht mehr und werden zugedeckt mit Schrott.“

Wer tiefer in das Thema einsteigen möchte, sollte sich „Echt wahr! Wie Journalisten die Wirklichkeit erzählen“* zu Gemüte führen. Jenseits des mainstreams, der sich weiterhin quält und wo eine „Haltung“ wegen Harmoniebedürfnis und Eigenheim, Studium der Kinder etc. manchmal zu riskant ist, gibt es Phänomene, die aufhorchen lassen. Man muss nicht immer das Stichwort „Landlust“ bemühen, das Gegenteil davon wäre vielleicht Vice Deutschland. Von welchen Impulsen man sich dann inspirieren lassen möchte, hängt wiederum mit der „Haltung“ zusammen.

Übrigens: Meine Haltung, möglichst nah am Alltag berichten zu wollen, erwies sich oft genug als ziemlich strapaziös. Es war weniger schwierig, komplizierte Zusammenhänge zu recherchieren oder kompetente Gesprächspartner zu interviewen, als mit jenen auf des Pudels Kern zu kommen, die keinerlei Erfahrung im Umgang mit Presse hatten und über das Wesen von Medien nie näher nachgedacht hatten. Ich empfehle trotzdem, hin und wieder zu versuchen, neue Quellen jenseits mikrofongeschulter Zeitgenossen aufzuschließen. Wer sensibel ist, kann hierbei in besonderer Weise etwas über den Beruf des Journalismus lernen!

* www.oberauer.com/pressenews/498/

** www.kursbuch-echtwahr.info/

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