Nov 19 2010
Heute schon getwittert?
Man hat mir gesagt: Newsletter ist „out“, Bloggen auch. Ich wollte es nicht glauben. Ich räume zwar ein, dass manches anders geworden ist, seit ich twittere und in facebook einem engen Kreis mitteile, dass ich gerade dieses oder entdeckt habe oder herbei sehne, aber ich meine, die alten Kommunikationsschienen verdienen immer noch Respekt und „traffic“.
Seit ich twittere muss ich mich manchmal zwingen, mich in mehr als 140 Zeichen zu äußern. Es ist wahnsinnig verführerisch, knapp zu bleiben, wenn man es erst mal verinnerlicht hat! Und bei Twitter schwingt immer mit, dass die Meldung Nutzwert haben muss. Procedere: Ich lese etwas Wichtiges/Interessantes, kopiere die www-Adresse, lasse sie vom „Shortener“ kürzen und teile sie mit jenen, die mir auf Twitter folgen.
Jenen, auf deren Erkenntnisse, Netzfunde, Weisheiten ich neugierig bin, folge ich. So erfahre ich, was dem Kabarettisten Dieter Nuhr gerade eingefallen ist, oder wo ich etwas über Autorenvermarktung abrufen kann, oder welche Lesegewohnheiten bestimmte Schriftsteller haben. Das heißt, mir wird ein Link zu einer Information angeboten. Welche der Links ich aufrufe, ist letztlich meine Entscheidung. Sich Überblick über meine Möglichkeiten zu verschaffen, ist echte Arbeit. Deshalb halte ich die Schar derer, denen ich folge (= deren Hinweise ich auf den Bildschirm bekomme), klein.
Man darf sich nicht nervös machen. Selbstbeschränkung ist gefragt. Natürlich kann ich mir sehr viel mehr „Verführungen“ zum Weiterlesen schicken lassen. Doch zufriedener lebt (so meine These), wer nur so viel zulässt, wie er oder sie bewältigen kann. Als Absender teste ich derzeit beispielsweise Mitteilungen von einem Psychologen/Persönlichkeitstrainer, dem schon erwähnten Kabarettisten, einer Redenstrafferin, der örtlichen Tageszeitung und einigen Menschen aus der Literaturszene. Manchmal „entfolge“ ich einem dieser Partner und probiere, was ein anderer zu bieten hat.
Twitter lädt mich täglich ein, diesen Kreis zu erweitern, indem er immer neue Profile anbietet, die zu den von mir bevorzugten Themen passen. Aber das Zeitbudget ist sowieso immer zu knapp. Anders ausgedrückt: Es gäbe immer mehr Interessantes, als man aufnehmen, verarbeiten, verkraften kann. Deshalb muss man auswählen und überzeugt sein, die richtige Mischung (die man ja von Zeit zu Zeit verändern kann) an sich heranzulassen. Und daraus dann auch nur das Wichtige näher zur Kenntnis zu nehmen. Ohne diese Schranken bzw. einen gut funktionierenden Eigenfilter wird man unglücklich.
By the way: Ich habe noch nie einen Zeitungsleser getroffen, der sein Blatt von A bis Z ohne Auslassung durchgelesen hat.