Jul 12 2021
Von oben schauen
Mir einen Blick aus dem Weltall auf die Erde gönnen – warum will ich das nicht? Weil die Erde auch ohne diesen Blick auskommt, und ich von da oben nur nach den Regenwäldern Ausschau halten würde, die wir uns abzuholzen anmaßen. Ja, das Wort „Anmaßung“ hat im Zusammenhang mit diesem Abenteuer den richtigen Klang.
„Machet Euch die Erde untertan“ – dieser Aufforderung ist der Mensch über Gebühr nachgekommen. Und wenn wir schon von „Deals“ geleitet sind, müsste für Unternehmen wie private Weltraum-Vergnügen der doppelte Preis erhoben werden, damit davon die Hälfte für die Rettung bedrohter Arten abgezweigt werden kann.
Aber das letzte Wort wird in dieser Angelegenheit sowieso noch nicht gesprochen sein. Beobachten wir also weiter, wie wir uns mit dem Klima plagen, mit Veränderungen schwertun und meist immer an jenen sparen, die sich schlecht wehren können.
Sommerfrische |
Zupf dir ein Wölkchen aus dem Wolkenweiß, Das durch den sonnigen Himmel schreitet. Und schmücke den Hut, der dich begleitet, Mit einem grünen Reis. Verstecke dich faul in der Fülle der Gräser. Weil`s wohltut, weil`s frommt. Und bist du ein Mundharmonikabläser Und hast eine bei dir, dann spiel, was dir kommt. Und laß deine Melodien lenken Von dem freigegebenen Wolkengezupf. Vergiss dich. Es soll dein Denken Nicht weiter reichen als ein Grashüpferhupf Joachim Ringelnatz (geb. 1883 in Wurzen als Hans Gustav Bötticher; † 1934 in Berlin) |
Kurt Tucholsky, 1907 – 1935 Über den Dächern |
Über den Dächern schwebt Rauch und ein sanftes Gebimmel klingt von den Türmen der Stadt. Meine Sehnsucht fliegt in den Himmel. Wie es durch das Fenster zieht … ! Wozu arbeiten? Wozu tätig sein? Wozu in die Versammlungen gehn? Ich habe nur meine beiden Hände. Was steht am Ende –? Das habe ich an Vater gesehen. Wie es durch das Fenster zieht … ! Diese Dachkammer hat der alte Mann. Dafür fünfundfünfzig Jahre Arbeit, keinen Tag Urlaub, Sorgen und graue Haare. Meine Gedanken hängen am Horizont – Wo ist unser Glück … ? Und da kommen plötzlich alle meine Gedanken zurück. Gleich springe ich auf die Beine und werfe die Arme um den Leib, weil mich friert … Ich bin nicht mehr allein. Wir sind stark, wenn wir zusammenhalten: die Starken und Schwachen, die Jungen und Alten. Wenn nur der Wille fest bleibt und unsere Partei. Da bin ich dabei. Noch einmal sehe ich über die Stadt und die Dächer … Schon mancher hat mit trocken Brot und armseligem Essen in so einer zugigen Dachkammer gesessen. Mancher, der nachher ein Reich erobert hat. Aus: lerne lachen |
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