Archiv für das Tag 'Urinal'

Aug 28 2021

Die Welt – immer noch nicht passend für Frauen

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik

Kaum hatte ich meinen Beitrag „Klo. Wo?“ gepostet, fiel mir „Das Patriarchat der Dinge: Warum die Welt Frauen nicht passt“ von Rebekka Endler in die Hände. Der öffentliche Raum ist – so belegt sie – an den Bedürfnissen von Männern ausgerichtet. Auf die Klo-Frage stieß ich bei der Lektüre gleich als erstes Beispiel.

Es wird geschildert, wie eine niederländische Studentin 2015 fürs „Wildpinkeln“ Strafe zahlen sollte und sich dagegen wehrte. Als sie dem Drang ihrer vollen Blase in einer geschützten Ecke nachgab, wurde sie von der Polizei beobachtet und war ca. 1,5 km vom nächstgelegenen Sitzklo entfernt. Es hieß damals, Frauen sei im Zweifelsfall zuzumuten, ein Urinal aufzusuchen, wobei die niederländischen Modelle allerdings die Sicht auf das Hinterteil freigeben, wenn eine Frau in die Hocke geht. Ein Urinal wäre näher gewesen, aber die Scham vermutlich nicht geringer.

Frauen – so ist in diesem Kapitel weiter ausgeführt – hatten sich früher nicht über weite Strecken im öffentlichen Raum aufzuhalten und wurden deshalb beim Bau von „Bedürfnisanstalten“ kaum  berücksichtigt. Männer seien öfter beim „wilden“ Urinieren erwischt worden. Somit war die Notwendigkeit, sichtschützende Rundelle für sie aufzustellen, offenbar.

Männer werden auch heute noch am Waldrand und sonstigen Plätzen gesichtet, wenn sie ihr kleines Geschäft nicht bis zur nächsten Toilette aufheben können. Wenn Frau darüber witzeln oder schimpfen, wird ihnen gerne vorgehalten, sie seien nur neidisch, weil sie sich nicht so bequem erleichtern können. Man könnte darüber mit einem Achselzucken hinweggehen, wenn das Netz von öffentlichen Toiletten dichter wäre. Außerdem gibt es ja noch einen gravierenden Unterschied zwischen Männlein und Weiblein in dieser Angelegenheit: Häufig müssen Frauen dafür bezahlen, ein „stilles Örtchen“ nutzen zu dürfen, während Männern das nebenan gratis gewährt wird.

Wenn der Mann das Maß aller Dinge ist (das formuliert auch der Dumont Verlag zu diesem Buch), kann das ganz schön gefährlich werden. Man denke nur an „Diagnoseverfahren und medizinische Geräte bis hin zu Dosierung von Medikamenten. Aber auch Die Dummys für Crashtests haben den männlichen Körper zum Vorbild – und damit das ganze Auto samt Airbags und Sicherheitsgurten.“

In diesem Zusammenhang ist auch der SPIEGEL-Bestseller „Unsichtbare Frauen“ von Caroline Criado-Perez interessant. Sie legt (Klappentext) „die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Erhebung wissenschaftlicher Daten offen. Die so entstandene Wissenslücke liegt der kontinuierlichen und systemischen Diskriminierung von Frauen zugrunde und erzeugt eine unsichtbare Verzerrung, die sich stark auf das Leben von Frauen auswirkt. Beispiele aus Politik, Technologie, Arbeitswelt, Stadtplanung und medizinischer Forschung zeigen, wie Verzerrungen bei der Datenerhebung Frauen ausschließen.“ (btb) Ein spannendes Buch, flüssig und alltagsnah geschrieben.

Die gewaltige Ignoranz diesem Themenkomplex gegenüber bekommt schon Jahrzehnte Gegenwind. Der schwillt inzwischen vernehmlich an und fegt sie hoffentlich schleunigst auf Nimmerwiedersehen hinweg!

Rebekka Endler. Das Patriarchat der Dinge: Warum die Welt Frauen nicht passt. 336 Seiten, 2021, DuMont Buchverlag, 22 €

Caroline Criado-Perez. Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert, 496 Seiten, 2020, btb Verlag, 15 €

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Feb 05 2012

Frauen-Lippen & Männer-Urin – wen juckt’s?

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik,Kultur

Wo möchte ich reinpinkeln? Es geht nicht um Nachttopf oder Thermoskanne, sondern um Kunst. Um teure Kunst. Erschwerender Umstand in diesem Fall: Kunst in Anlehnung an Pop und Rock’n Roll.

Ein Urinal ist ins Gerede gekommen. Es geht also nicht um die Damen-Toilette. Um Frauen geht es trotzdem. Aber der Reihe nach.

Das Rolling-Stones-Museum wurde 2011 eröffnet –  in Lüchow. Man erinnert sich: Lüchow war immer im Gespräch wegen Demonstranten („Quertreibern“) politischer Art. Von dem Image hätte man nun ins Positive ablenken können mit dem Museum, in dem mehr als 5000 Exponate Stones-Fans und andere BesucherInnen in ihren Bann ziehen (können).

Aber nun mokieren sich andere QuertreiberInnen. Am publikumswirksamsten vielleicht Luise F. Pusch. Die Sprachwissenschaftlerin widmete den „Kisses“ – so heißen die Urinale auf der Herrentoilette in dem Stones-Museum – in ihrem Blog „Laut und Luise“ eine deftige Glosse > www.fembio.org/biographie.php/frau/blog am 3.2.2012 > unbedingt lesen, da ich die Argumente hier nicht wiederhole. Die Männer pinkeln in geschminkte Münder – geiler Kunstgriff, oder?

Mir kräuselten sich die Lippen, mit angesäuertem Gesicht machte ich mich auf die Suche und empfehle > das NDR Kulturjournal vom 23.05.2011, zu finden auf der Seite www.stonestreff.com/rolling_stones_museum_videos.html. Auf dieser Seite gibt es noch mehr Videos zu dem Thema. Je nach Neigung kann man/frau sich vertiefen.

KUNST DARF ALLES schallt es irgendwo von den Wänden. Die Wände meines Redaktionsbüros werfen allerdings eine zweiteilige Frage zurück: Welche Motive würden Damenklos attraktiver machen und würdest Du da hinein ausscheiden wollen, was Dein Körper nach den Verdauungsprozess absondert – egal, was die Keramik-Künstlerin dafür in Rechnung gestellt hat?

Nun bin ich – Satire hin oder her – zur Anschaulichkeit ein paar Beispiele schuldig: Ich versuche es mit Torte … igitt. Ich versuche es mit Buch … auch daneben. Ich versuche es mit … Ach, da fällt mir schon nix mehr ein, denn das ganze Spiel ist so abartig, dass es meine Phantasie nicht beflügelt. Es stupft sie allerhöchstens für ein paar Sekunden an und landet schnell an einer Schranke. Da dieses Thema nicht lebenswichtig ist, akzeptiere ich diese Schranke. Ich will nicht weiter drüber nachdenken. Aber ich wäre nie darauf gekommen, dass man(n) Männern SOWAS anbietet!

Danke für die Spitze Feder von Luise F. Pusch gegen diese Zumutung! Ich schlage vor, demonstrativ die Damen-Toilette des Museums für jene Männer zu öffnen, die andere Wege gehen wollen. Meinetwegen mit einem einladenden Gästebuch für Kommentare! Über die künstlerisch gestaltete Form des Kugelschreibers könnte man noch reden. Die gefühlte Zwickmühle sollte schon unvergesslich griffig sein!


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