Archiv für das Tag 'Mamuela'

Aug 10 2009

Harmlose Schlager auf dem Index

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik,Alltag,Kultur

Suchen – wer kennt das nicht – kann ganz schön nerven. Es war mir jedenfalls nicht vergönnt, eine Liste all dessen zu finden, was schon mal auf dem Index des Bayerischen Rundfunks gestanden hat. Vom „Scheibenwischer“ (Einzelsendungen) ist es mir aus meiner Jugendzeit bekannt. Aber dass auch der Bossa Nova …

Was ist eigentlich ein Bossa Nova? Ein dunkelhaariger gut aussehender Mann, besungen von Manuela (1948 – 2001), die damit 1963 quasi übernacht als Schlagerstar bekannt wurde? Nein, es ist ein Tanz, der jungen Mädchen einst gefährlich werden konnte. Diese Gefahr wurde diskret in der Liedzeile ausgedrückt: „Doch am nächsten Tag fragte die Mama: ‚Kind, warum warst du erst heut’ morgen da?‘“

Tja, wie leicht hätte das in Bayern auf dem Tanzboden zur Nachahmung animieren können! Deshalb durfte das Lied im BR nicht mehr auf den Plattenteller. Wie gut, dass man dank der Wiederholung eines Manuela-Porträts im NDR heute daran erinnert wird, wie fürsorglich man damals Gefährdendes in der Schublade verschwinden ließ.

Drafi Deutscher (1946 – 2006) erging es 1965 mit seinem Hit „Marmor, Stein und Eisen bricht“ nicht besser als Manuela. Doch der Grund war hier ein anderer: Sprachsensible wollten keine falsche Grammatik verbreiten. Denn es waren mehrere Gegenstände, die als bruchsicher besungen wurden. Und da hätte es „Marmor, Stein und Eisen brechen“ heißen müssen.

Solchermaßen Standpunkt zeigen, sensibel reagieren – heute ist das längst aus der Mode, wird belächelt.

Um so herziger wirkt ein Ausrutscher wie dieser Satz: Wer hat sich so was ausdenkt? Das fragte sich am Samstag Katja Bauer in der Stuttgarter Zeitung angesichts der Kanzler-U-Bahn. Der Satz stand da ganz ohne Anführungszeichen und wirkte wie ein Seufzer aus tiefster Seele. Der Autorin war diese (mutmaßlich schwäbische) Redewendung entwischt, was sicher Kritiker auf dem Plan ruft. In ihr pulsierte aber noch das Herzblut, das die tragische Geldverschwendung für den U-Bahnstummel hervorquellen ließ. In korrekter Sprache hätte man dies nie und nimmer so brühwarm transportieren können!

Keine Kommentare