Monatsarchiv für September 2013

Sep 27 2013

Mezis-Ärzte gegen Korruption – Gesetzgebung wachsam beobachten!

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik,Alltag

„Die letzte Flucht“, den Roman von Wolfgang Schorlau, habe ich in diesem Blog 2011 schon einmal erwähnt. Damals ging es um Krimis im Zusammenhang mit „Stuttgart 21“. Heute soll „Denglers sechster Fall“ eine Brücke schlagen den Verflechtungen zwischen Pharmaindustrie und ÄrztInnen. In Schorlauers Krimi – unterhaltsam, spannend, aufschlussreich – geht es um Korruption/Manipulation in der Azneimittel-Forschung und um ÄrztInnen, die sich bestechen lassen bzw. ihren Patienten nicht sagen, dass sie ihre Einkünfte aufbessern, indem sie für die Verordnung bestimmter Medikamente Zuwendungen von deren Hersteller erhalten. Das läuft unter „Anwendungsbeobachtung“ und ist ein Marketinginstrument, das den Absatz eines Mittels steigern hilft.

Wolfgang Schorlau hat in diesem Sachgebiet gründlich recherchiert, gibt seine Quellen sowohl im Buch als auch auf seiner homepage preis > http://www.schorlau.de/ Er listet nicht nur Materialien (Spiegel, ZDF u. a.) und Literatur auf, sondern auch „Wichtige Webseiten“. Eine davon führt zu http://www.mezis.de/ Mezis steht für „Mein Essen zahl ich selbst – Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte“. Sie ist Mitglied des Deutschen Ethikrates.

Abgesehen davon, dass man aufhorcht bei dem Namen der Initiative – denn wer glaubt denn nicht an die Unbestechlichkeit seines Arztes/seiner Ärztin!? – , kann man via Suchfunktion herausfinden, welche/r MedizinerIn in der näheren und weiteren Umgebung dieser Initiative angehört. Die Mezis-Webseite gibt auch Tipps, wie man als PatientIn zu mehr Transparenz hinsichtlich der Einflüsse der Pharmaindustrie gelangen kann.

Wir alle wünschen uns ein Gesundheitssystem, in dem nicht gemauschelt wird oder Vorteilsnahme darüber bestimmt, womit wir „verarztet“ werden. Hierzu ist der Gesetzgeber gefragt, der freilich auch hin und wieder tätig wird. Doch manche Meldung über diese komplizierten Vorgänge gehen in der Flut von Neuigkeiten unter oder sind so schwierig zu kommunizieren, dass sie nicht zum Endverbraucher gelangen.

So greife ich heute einen Aspekt heraus, der zeigt, 
dass es jüngst ein Gesetz fast geschafft hätte, 
ein Drei-Klassen-Strafrecht im Gesundheitssystem zu etablieren. 
Es wurde im Bundesrat abgelehnt, wovon ich über eine Pressemitteilung erfuhr:

 >> MEZIS tritt dafür ein, die Bekämpfung von Korruption für alle ÄrtzInnen gleichermaßen im Strafgesetzbuch zu verankern. Das sah das Präventionsgesetz, das am 20.9.13 im Bundesrat abgelehnt wurde, nicht vor. Es hätte nur bestechliche KlinikärztInnen ins Visier genommen, niedergelassene VertragsärztInnen hätten bei korruptivem Verhalten wie die Pharmaunternehmen, die Bestechungsvereinbarungen treffen, nicht bestraft werden können. Diese Ungleichbehandlung ist zunächst abgewendet.

Das von der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat verabschiedete Präventionsgesetz sei als „zu kurz gegriffen einzustufen“, sagt Dr. Christiane Fischer, die ärztliche MEZIS-Geschäftsführerin. Es führte nämlich die Bekämpfung von Korruption im Sozialgesetzbuch V als „Nebenstrafrecht“ auf. Ein Antikorruptionsgesetz als Anhängsel an das Präventionsgesetz hätte die Bedeutung des Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen herabgesetzt. Die Verfolgung von korruptem Verhalten wäre massiv geschwächt worden.

Nun muss das Gesetz neu beraten werden, das Ende ist offen. Dr. Christiane Fischer unterstreicht: „Erst einmal ist es gut für die Patientinnen und Patienten, dass kein inakzeptables Drei-Klassen-Strafrecht geschaffen wurde. Hätte der Bundesrat zugestimmt, wären bei Korruption Klinikärztinnen und Klinikärzte nach dem Strafgesetzbuch, niedergelassene KassenärztInnen nach dem Sozialgesetzbuch und niedergelassene PrivatärztInnen gar nicht bestraft worden.“ „Ja und bei niedergelassenen KassenärztInnen, die auch PrivatpatientInnen behandeln, wäre die Situation noch undurchsichtiger geworden“,  ergänzt Vorstandmitglied Dr. Eckhard Schreiber-Weber.<<

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Außer der Appell, sich selbst im Web immer wieder zu Hintergründen vorzugraben und wachsam zu bleiben! 

Keine Kommentare

Sep 09 2013

Geschäftsgebaren sitzt im Knopfloch

Autor: . Abgelegt unter Alltag

Ich rufe bei meiner Frauenärztin an. Telefonische Rezeptbestellung kein Problem. Aber ich soll das Rezept abholen. Grob geschätzt sind das 17 km einfach, eine 55-Cent-Briefmarke ist billiger. „Ausnahmsweise“, sagt die Sprechstundenhilfe ein wenig widerwillig. Ob sie sich vergegenwärtigt, dass ich unlängst ihren Arbeitsplatz mit 100 Euro gesichert habe? So viel kostete nämlich der Ultraschall, den die Krankenkasse nicht bezahlt. Weil’s eben nur zur Vorsicht ist und nicht medizinisch notwendig.

Bei meinem Hausarzt bin ich übrigens dafür bekannt, dass ich ab und zu ein paar Briefmarken dalasse, damit man mir Überweisungen und Rezepte zusendet. „Sehr aufmerksam“ nannte mich die freundliche Frau am Empfang und meinte, ich gehöre zu den wenigen, die so was machen. Tja, so geht es auch.

Damit sind wir bei zwei Verbraucherthemen: Vorzimmer-Gebaren und Vorsorge.

Aber auch beim Bäcker sah es heute nicht gut für mich aus: Ob man das Brot (Bio, beste Qualität, keine Billigware) schneiden könne? „Nein, in der letzten Abverkaufsstunde schneiden wir grundsätzlich nicht mehr.“ Das war zwar mit einem Lächeln gesagt, aber so sehr ohne Bedauern, dass ich mir eine bissige Erwiderung verkneifen musste.

Im Laden war außer mir niemand, der hätte warten müssen, während mein Brot durch die Schneidemaschine gerattert wäre und insgesamt vielleicht zwei Handgriffe mehr erfordert hätte. Ich werde jedenfalls die nächsten Tage immer, wenn ich eine Scheibe von dem guten Brot esse, an dieses Verhalten denken.

Nach der unschönen Reaktion der Assistenin der Frauenärztin habe ich damals zwar überlegt, ob ich bei der nächsten Konsultation Briefmarken dalassen soll. Aber das Personal schichtet und wechselt – wenn man nicht dick auf meine Patientinnen-Akte „Marken-Vorschuss“ schreibt, muss ich beim nächsten Mal wieder mit einer abwehrenden Haltung rechnen. Vielleicht künftig lieber eine andere Praxis aufsuchen, auch wenn ich mit den ärztlichen Leistungen in jener zufrieden bin?

Die Haltung macht es nämlich. Die sagt „willkommen“ oder bringt Misstöne in den Kontakt. Ob beim Brot oder beim Arzt: Ich will nicht geherzt oder umarmt werden. Nur bitte eindeutig weniger hohes Ross und eine Spur weniger spartanisch. Entgegenkommen sitzt schon im Knopfloch, keiner muss sich krümmen oder dienern.

Und bitte lassen Sie sich das Wort “Abverkauf” auf der Zunge zergehen. Von Verkäuferin zu Käuferin wohlbemerkt! Wie viele Haare sträuben sich da?

Keine Kommentare