Monatsarchiv für Oktober 2009

Okt 15 2009

Schwarze Hautfarbe ist gefährlich

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik

Nächste Woche kommt der Film in die Kinos „Günter Wallraff: Schwarz auf weiß. Eine Reise durch Deutschland“. Der Journalist hatte sich als Somalier schminken lassen und allerlei Fremdenfeindlichkeit und Rassismus am eigenen Leib erfahren. Gestern erzählte er davon am Stand der „ZEIT“ auf der Frankfurter Buchmesse.

Unter anderem wollte Wallraff eine Wohnung in Köln mieten. Eine Vermieterin benahm sich artig, zeigte ihm die Räume. Die anschließenden Miet-Interessenten stammten aus dem Filmteam und verwickelten die Dame in ein Gespräch über den Schwarzen, der sich soeben verabschiedet hatte. Schnell wurde klar, dass die Wohnung für Menschen mit schwarzer Hautfarbe nicht zu haben ist. Dabei half es auch nichts, dass die Vermieterin das Aussehen mit jenem von Seal, dem prominenten Sänger und Publikumsliebling (Ehemann des Models Heidi Klum), in Verbindung brachte – die Farbe rief unwiderrufliches Entsetzen bei ihr hervor. Später stimmte sie sogar zu, dass ihre heimlich gedrehten Aussagen im Film veröffentlicht werden dürfen. Offenbar fühlt(e) sie sich in ihrer Haltung so sicher, dass sie keine Kritik fürchtete bzw. vermutlich mit zustimmenden Kommentaren von Gleichgesinnten rechnete.

Das löste in mir eine Rückblende aus: 1971 hatte ich mir als Schülerin für einen Aufsatzwettbewerb voller Enthusiasmus für eine Welt ohne Grenzen und Ausgrenzungen eine Umfrage zu Ressentiments gegenüber Ausländern ausgedacht und die Ergebnisse dargelegt. Ein Frage lautete: Würden Sie einem Farbigen ein Zimmer vermieten? (Im gleichen Jahr brachte Klaus Staeck das Plakat mit der Zeichnung von Albrechts Dürers Mutter heraus – provokante Frage: Würden sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?) Ich kann mich noch an heiße Debatten erinnern, die letztlich in der Frage an meine Eltern gipfelte, ob sie mich verstoßen würden, wenn ich einen Mann mit anderer Hautfarbe heiraten würde.

Ich musste mich noch nirgendwo wegen meines Weiß-Seins „bewähren“, bin aber froh und dankbar, wenn ich im Ausland aufgrund von Formfehlern, zu geringen Sprachkenntnissen oder sonstiger „Andersartigkeit“ nicht schief angesehen oder gar angegriffen werde. Von der Aktion Sühnezeichen besitze ich seit Jahren den Aufkleber „Alle Menschen sind Ausländer. Fast überall.“ Beklommen frage ich, ob all die Jahre des Einstehens für Toleranz wirkungslos waren.

Wallraffs Arbeit wünsche ich, dass sie Lust entfache am Genau-Hinsehen und Kritisch-Nachfragen. Deutschland wünsche ich, dass nachwachsende Journalisten das gewissenhafte „Wallraffen“ erlernen und somit Blicke auf die Republik aus vielerlei Perspektiven ermöglichen.

Praktische Übung auf der Heimreise: Vorurteilssuche im eigenen Hirn auf dem Bahnsteig half Distanz üben gegenüber den Unwägbarkeiten, vor denen man nie sicher sein kann > Welcher der Umstehenden würden mich ohne Bedenken umrempeln, wer Andersfarbige herabwürdigen, wer entschlossen Schwächere bei Gefahr in Schutz nehmen?

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Okt 12 2009

Der Preis stärke den Spirit und fördere die Aufgeschlossenheit!

Autor: . Abgelegt unter Allgemein/Politik

Der Literaturnobelpreis für Herta Müller wurde allseits beifällig aufgenommen, der Friedensnobelpreis für Präsident Obama nicht. Zu jenen, die sich darüber freuen, dass sein Mut belohnt wird, gehöre auch ich. Trotzdem bin ich zurückhaltend in meiner Freude, denn ich weiß nicht, wer noch auf der Liste der der Nominierten stand, der oder die diese Rückenstärkung bzw. Anerkennung seiner/ihrer Bemühungen auch hätte gut oder gar noch besser brauchen können.

Wenn es aber nun schon mal so ist, dass hier dem Spirit Rückenwind gegeben werden soll, dann erübrigt sich die Frage nach Leistung und Erfolg. Erst braucht man Visionen, dann Worte dafür, die Aufgeschlossenheit zu erzeugen verstehen. Anschließend kann man sich ans Werk machen. Denn ohne die Aufgeschlossenheit von Freund und Feind erreicht man gar nichts. Ja, auch der politisch Andersdenkende, der Machtgegner muss die Stärke der Vision spüren und erkennen, dass an ihr keiner vorbei kommt!

Leider gibt es aber auch viele Miesepeter, die mit dem Zeigefinger wackeln, weil auch die schönsten Bäume nicht in den Himmel wachsen und Sonntagsreden doch schnell vom Winde verweht werden. Die Demonstranten von Mutlangen wurden mit ihren Friedensgesängen auch einst belächelt, während an meinem Fenster vorbei – ich wohnte ein Dorf weiter – die Raketen auf den Lkws in den nahen Wald gekarrt wurden. Natürlich nur zu Übungs- und Abschreckungszwecken. Wie hat sich doch das Klima seither gewandelt! Dazu fallen mir mehrere Nobelpreisträger ein, die daran mitgewirkt haben …

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