Apr 21 2010

Die Putzfrau und das Gewissen

Autor: . Abgelegt unter Alltag

Als meine Bekannte sich vorzeitig am Telefon verabschiedete, war ihre Begründung, dass sie am fruehen Morgen aufstehen muesse, denn ihre Putzfrau, die seit ueber 25 Jahren zu ihr komme, verlange von ihr ein Schwaetzchen vor der Arbeit. Die Arbeitgeberin fuehlt sich verpflichtet, schliesslich sei die Putzfrau ehrlich und sowas muesse man belohnen. Bezahlung sei einfach nicht genug, ihr Mann hasse es jedoch, wenn diese Frau sich als Teil der Familie fuehlt und damit auch persoenliche Fragen stellte und Informationsaustausch erwarte. Sie sei schliesslich eine Angestellte und nicht mehr.

In meiner eigenen Kindheit erlebte ich Aehnliches, denn auch meine Mutter fuehlte sich immer verpflichtet, den eher simplen Lebensweisheiten und vor allem den Klagen der Frau Fischer (Namen zum Schutz der Putzfrau geaendert) zuzuhoeren. Immer ein Angang, meinte meine Mutter.

In unserem Repertoire blieben dann Worte aus dem Wortschatz dieser Frau, wie Cocktail Spanier fuer die Hunderasse, als bleibende Erinnerung haengen. Heute ist die Verstaendigung durch die geringen Kenntnisse der jungen Polinnen, die diese Arbeit machen, begrenzt und weniger anstrengend, aber die Verpflichtung der Verpflegung und die wichtigen Uebermittlungen von Unfall oder Tod in der Familie werden gebuehrend angeheort. Die Frage des schlechten Gewissens der deutschen hausfrau bleibt.

Auch hier in den USA sagte eine deutsche Freundin, sie sei eben ein typisch deutscher Putzteufel. Eine andere deutschstaemmige Freundin meinte, es waere so schoen, denn man koenne neben der Putzfrau selber mitarbeiten und auch putzen. Ich fuer meinen Teil habe diese Ambitionen nicht, ich freue mich, wenn ich jemanden für gute Dienste bezahlen kann – und sei es die Waescherei mit zwei Dollar pro Kleidungsstueck für waschen, reinigen UND buegeln. Ich bezahle, damit ich diese Zeit fuer meine eigenen kreativen Talente und deren Verwirklichung verwenden kann.

Wenn Frauen aus Deutschland mich deshalb kritisieren, wurde ich frueher sehr defensiv, heute dagegen lade ich sie freundlich ein, gerne bei mir diese von ihnen als “schnell gemacht” hingestellte Buegelei o.ae. zu machen. Sie sagen dies nie wieder. Kritik, die sich in Arbeit umwandelt, ist nichts fuer die 150-prozentige Frau, so jedenfalls meine Erfahrung.

Ist das schlechte gewissen der Putzfrau gegenueber noch zeitgemaess?

Ein Kommentar

Ein Kommentar to “Die Putzfrau und das Gewissen”

  1. Schaueram 21. April 2010 um 22:38 1

    Es stimmt, dass Arbeitnehmerinnen eine Seele haben, die geachtet werden will. Wenn die „Chemie“ stimmt, das Klima freundlich ist, leistet jeder Mensch mehr.
    Wenn ich meine Rolle als Arbeitgeberin reflektiere, bedeutet es immer Vorarbeit, wenn ich jemanden beschäftige. Um beim Beispiel der Putzfrau zu bleiben: wenn nicht aufgeräumt ist, kann sie nicht sauber machen. Aber auch in einem Büro muss ich vorab dafür sorgen, dass der PC funktioniert, Ordner und Papier vorhanden sind etc., bevor die Sekretärin eintrifft – auch wenn sie mich als Aushilfskraft nur in Teilzeit unterstützt. Selbst freie Mitarbeiter im technischen Servicebereich sind auf einen guten Background angewiesen, für den ich in Vorleistung gehen muss.
    Damit ist geklärt, dass es keine helfenden Engel gibt, die einfach hereinschweben und lediglich auf der Grundlage finanzieller Entlohnung Entlastung bringen. Es geht um Arbeitsteilung, denn wer mir den Rücken frei hält, ebnet mir den Weg für andere Aufgaben und sei es nur, dass ich in deren Vorfeld mal Luft holen kann. Dafür muss ich wiederum die Voraussetzungen schaffen und brauche keinesfalls ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich mich für eine Abendveranstaltung ausruhe, während der „gute Geist“ nebenan Staub wischt.
    Wenn es um die Nähe und Distanz geht, hat jeder Haushalt seine eigenen Gepflogenheiten. Ich kann mich an belehrende Putzfrauen erinnern („Wenn Sie gleich nach der Morgentoilette den Wasserhahn abwischen …“) als auch an sehr gutmütige, die ab und zu selbst Gebackenes mitbrachten. Besonders Männer sehen gerne nur die Rolle/Funktion einer Person und nicht die Persönlichkeit. Wir Frauen haben in der Regel den Vorteil, dass wir über ein breiteres Spektrum von Reaktionsmöglichkeiten verfügen, so dass wir uns auf Mentalitäten und Charaktere meist recht gut einstellen können. Zum beiderseitigen Gewinn.

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